重雲李觀疾贈之
Han Yu 韓愈 (768–824)
夭行失其度,陰氣來干陽。
重雲閉白日,炎燠成寒涼。
小人但咨怨,君子惟憂傷。
飲食為減少,身體豈寧康。
此志誠足貴,懼非職所當。
藜羹尚如此,肉食安可嘗。
窮冬百草死,幽桂乃芬芳。
且況天地間,大運自有常。
勸君善飲食,鸞鳳本高翔。
Hochgetürmte Wolken. Meinem kranken Freund Li Kuan gewidmet Erwin von Zach (1872–1942)
— in: Zach, Erwin von. Hightower, James Robert (ed.). Han-Yü's poetische Werke, Harvard-Yenching Institute studies. Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press, 1952. p. 26f.
Der Gang des Himmels hat seine Regelmässigkeit verloren, die Yin-kraft (das Dunkel) will die Yang-kraft (das Licht) angreifen.
Hochgetürmte Wolken verdecken die helle Sonne, und Hitze verwandelt sich in Kälte.
Der gewöhnliche Mann ergeht sich nur in Seufzer und Klagen (Legge III, 580), doch ein Edler (wie Du) sucht kummervoll den Fehler bei sich selbst (Legge IV, 215).
Er schränkt Essen und Trinken ein, wie könnte auch (zu solcher Zeit) sein Leib sich gütlich tun?
Obwohl dieser Vorsatz sich zu kasteien sehr zu schätzen ist, fürchte ich doch dass dies (für Dich) nicht durch Pflicht geboten ist.
Wenn der Arme, der Gemüsesuppe isst, sich schon so kasteit, wie kann erst der fleischessende Reiche sich seiner Speisen erfreuen?
Im tiefen Winter stirbt die ganze Vegetation, nur die verborgene Cassia strahlt ihre Düfte aus (d.h. in der Zeit der Not zeigt sich erst der Charakter des Edlen).
Ueberdies hat der grosse Kreislauf der Natur zwischen Himmel und Erde seine bestimmten Gesetze (d.h. die Störung in der Natur wird sicher vorübergehen).
Ich rate Dir daher, esse und trinke nach Herzenslust; auch der Phönix schwebt hoch über der Welt (und kümmert sich nicht um sie).