華山女
Han Yu 韓愈 (768–824)
街東街西講佛經,撞鐘吹螺鬧宮庭。
廣張罪福資誘脅,聽眾狎恰排浮萍。
黃衣道士亦講說,座下寥落如明星。
華山女兒家奉道,欲驅異教歸仙靈。
洗妝拭面著冠帔,白咽紅頰長眉青。
遂來陞座演真訣,觀門不許人開扃。
不知誰人暗相報,訇然振動如雷霆。
掃除眾寺人跡絕,驊騮塞路連輜軿。
觀中人滿坐觀外,後至無地無由聽。
抽簪脫釧解環佩,堆金疊玉光青熒。
天門貴人傳詔召,六宮願識師顏形。
玉皇頷首許歸去,乘龍駕鶴去青冥。
豪家少年豈知道,來遶百匝腳不停。
雲窗霧閣事恍惚,重重翠幕深金屏。
仙梯難攀俗緣重,浪憑青鳥通丁寧。
Das Mädchen von Hwa-shan Erwin von Zach (1872–1942)
— in: Zach, Erwin von. Hightower, James Robert (ed.). Han-Yü's poetische Werke, Harvard-Yenching Institute studies. Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press, 1952. p. 162f.
Rechts und links in der Strasse werden buddhistische Sutren gepredigt.
Glockenläute und Trompetenschall stört die Ruhe der Wohnungen.
Es wird viel gefaselt von Höllenstrafe und Seligkeit, um die Menschen anzulocken und einzuschüchtern.
Die Zuhörer sind dicht gedrängt wie Wasserlinsen auf einem Teiche.
Auch die taoistischen Bonzen in ihren gelben Gewändern erklären ihre Lehre,
Aber unter ihrer Kanzel finden sich nur wenige Leute, wie Sterne am Himmel bei Tagesanbruch. –
Die Familie des Mädchens von Hwa-shan bekannte sich zur taoistischen Lehre.
Das Mädchen will andere Doktrinen vertreiben und eine Unsterbliche werden.
Sie putzt sich schön heraus, schminkt ihr Gesicht, setzt Mütze und Schleier auf.
So erscheint sie mit weissem Hals, roten Wangen und langen, dunklen Augenbrauen,
Dann steigt sie hinauf auf den Predigtstuhl und beginnt die wahren Geheimnisse der taoistischen Lehre zu erklären.
Sie gestattet nicht, dass die Tore des Tempels geöffnet werden.
Ich weiss nicht, wer trotzdem die Leute insgeheim verständigt hat.
Plötzlich entsteht eine gewaltige Bewegung wie Donnergepolter.
Das Zuströmen der Menschen lässt glauben, dass alle übrigen Tempel leergefegt und nicht mehr besucht wären,
Herrliche Reiter versperren die Strassen, und Wagen folgt auf Wagen.
Der Tempel ist bald ganz voll, viele Besucher müssen draussen sitzen bleiben.
Die zu spät Gekommenen finden keinen Platz mehr und keine Möglichkeit zuzuhören.
Frauen legen ihre Haarnadeln, Braceletten, Gürtelgeschmeide ab (und schenken sie dem Mädchen),
Gold und Edelsteine bilden Berge von hellem Glanz.
Hofdamen übermitteln den Auftrag der Kaiserin und laden sie in den Kaiser-Palast ein.
Die Kaiserin will die Bekanntschaft der Predigerin machen.
Selbst der Kaiser nickt gnädig ihr zu und gestattet ihr endlich sich zurückzuziehen.
Auf herrlichem Wagen (Drachen und Kranichen) reitet sie aus dem Himmelspalaste heraus.
Junge Leute reicher Familien, die sich sicherlich für das Tao nicht interessieren,
Kommen herbei und wandeln ohne Ermüdung hundertmal um den Tempel herum.
Die bis in die Wolken ragenden Gebäude des Tempels machen die Sache noch mystischer.
Da haust das Mädchen hinter dichten grünen Vorhängen und tief versteckt hinter goldenen Wandschirmen.
Der Zugang zu den Regionen der Unsterblichen ist für gewöhnliche Menschen nicht leicht zu finden.
Vergeblich suchen die jungen Leute Boten, um ihre Absichten dem Mädchen mitzuteilen.