落齒
Han Yu 韓愈 (768–824)
去年落一牙,今年落一齒。
俄然落六七,落勢殊未已。
餘存皆動搖,盡落應始止。
憶初落一時,但念豁可恥。
及至落二三,始憂衰即死。
每一將落時,懍懍恆在已。
叉牙妨食物,顛倒怯漱水。
終焉舍我落,意與崩山比。
今來落既熟,見落空相似。
餘存二十餘,次第知落矣。
儻常歲落一,自足支兩紀。
如其落併空,與漸亦同指。
人言齒之落,壽命理難恃。
我言生有涯,長短俱死爾。
人言齒之豁,左右驚諦視。
我言莊周云,水雁各有喜。
語訛默固好,嚼廢軟還美。
因歌遂成詩,持用詫妻子。
Die ausfallenden Zähne Erwin von Zach (1872–1942)
— in: Zach, Erwin von. Hightower, James Robert (ed.). Han-Yü's poetische Werke, Harvard-Yenching Institute studies. Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press, 1952. p. 104f.
Im letzten Jahre verlor ich einen Schneidezahn, in diesem Jahre einen Backenzahn.
Plötzlich fallen jetzt sechs bis sieben Zähne aus, und die Sache scheint wirklich damit noch nicht zu Ende zu sein.
Die übriggebliebenen wackeln insgesamt, und erst nachdem alle ausgefallen, dürfte Ruhe eintreten.
Ich erinnere mich, dass – als der erste Zahn ausfiel – ich nur mit Scham an die Entstellung durch die Lücke dachte.
Als aber zwei bis drei ausgefallen waren, da beklagte ich meinen Verfall und herannahenden Tod.
Jedesmal wenn nun ein Zahn auszufallen droht, bin ich stets voll Befürchtungen und hoffe noch immer, dass er nicht ausfallen wird.
Die Lücken hindern mich am Essen, das Wackeln fürchte ich beim Spülen des Mundes.
Wenn endlich sie durch Ausfallen mich verlassen, habe ich das Gefühl, wie wenn ein Berg zusammenstürzen würde. –
Jetzt bin ich mit dem Ausfallen der Zähne schon vertraut geworden, und sehe im Ausfallen nichts ungewöhnliches mehr.
Ueber zwanzig sind übrig geblieben, und ich weiss dass auch sie der Reihe nach ausfallen werden.
Wenn regelmässig jedes Jahr einer ausfällt, kann es gerade noch zwei Jahrzehnte dauern.
Wenn sie dann einmal alle ausgefallen sind, besteht zwischen Aufeinmal-ausfallen und allmählichem Ausfallen kein Unterschied mehr.
Die Menschen sagen, dass wenn einmal die Zähne alle ausgefallen sind, das Leben naturgemäss auch bald zu Ende geht.
Ich sage dagegen, das Leben hat seine bestimmte Grenze (T. of T. I, 198), und Alte und Junge müssen beide zu ihrer Zeit sterben.
Die Menschen sagen, die Zahnlücken lassen meine Umgebung beim Anblick erschrecken.
Ich sage dagegen, es heisst schon bei Chwangtzu (T. of T. II, 27), dass alles seine zwei Seiten habe: der unbrauchbare Baum wird nicht gefällt, die Gans, die nicht gackern kann, wird geschlachtet.
Für jene, die durch Zahnmangel undeutlich sprechen, ist das Schweigen sicher von Vorteil; und wenn man nicht kauen kann, dann sind weichgekochte Speisen auch gut. –
Unter Singen entstand dieses Gedicht, und ich nahm es und zeigte es Frau und Kindern.