秋懷詩十一首
Han Yu 韓愈 (768–824)
窗前兩好樹,眾葉光薿薿。
秋風一拂披,策策鳴不已。
微燈照空床,夜半偏入耳。
愁憂無端來,感歎成坐起。
天明視顏色,與故不相似。
羲和驅日月,疾急不可恃。
浮生雖多塗,趨死惟一軌。
胡為浪自苦,得酒且歡喜。
白露下百草,蕭蘭共雕悴。
青青四牆下,已復生滿地。
寒蟬暫寂寞,蟋蟀鳴自恣。
運行無窮期,稟受氣苦異。
適時各得所,松柏不必貴。
彼時何卒卒,我志何曼曼。
犀首空好飲,廉頗尚能飯。
學堂日無事,驅馬適所願。
茫茫出門路,欲去聊自勸。
歸還閱書史,文字浩千萬。
陳跡竟誰尋,賤嗜非貴獻。
丈夫意有在,女子乃多怨。
秋氣日惻惻,秋空日凌凌。
上無枝上蜩,下無盤中蠅。
豈不感時節,耳目去所憎。
清曉卷書坐,南山見高稜。
其下澄湫水,有蛟寒可罾。
惜哉不得往,豈謂吾無能。
離離挂空悲,慼慼抱虛警。
露泫秋樹高,蟲弔寒夜永。
斂退就新懦,趨營悼前猛。
歸愚識夷塗,汲古得修綆。
名浮猶有恥,味薄真自幸。
庶幾遺悔尤,即此是幽屏。
今晨不成起,端坐盡日景。
蟲鳴室幽幽,月吐窗冏冏。
喪懷若迷方,浮念劇含梗。
塵埃慵伺候,文字浪馳騁。
尚須勉其頑,王事有朝請。
秋夜不可晨,秋日苦易暗。
我無汲汲志,何以有此憾。
寒雞空在棲,缺月煩屢瞰。
有琴具徽弦,再鼓聽愈淡。
古聲久埋滅,無由見真濫。
低心逐時趨,苦勉祗能暫。
有如乘風船,一縱不可纜。
不如覷文字,丹鉛事點勘。
豈必求贏餘,所要石與甔。
卷卷落地葉,隨風走前軒。
鳴聲若有意,顛倒相追奔。
空堂黃昏暮,我坐默不言。
童子自外至,吹燈當我前。
問我我不應,饋我我不餐。
退坐西壁下,讀詩盡數編。
作者非今士,相去時已千。
其言有感觸,使我復悽酸。
顧謂汝童子,置書且安眠。
丈夫屬有念,事業無窮年。
霜風侵梧桐,眾葉著樹乾。
空階一片下,琤若摧琅玕。
謂是夜氣滅,望舒霣其團。
青冥無依倚,飛轍危難安。
驚起出戶視,倚楹久汍瀾。
憂愁費晷景,日月如跳丸。
迷復不計遠,為君駐塵鞍。
暮暗來客去,群囂各收聲。
悠悠偃宵寂,斖斖抱秋明。
世累忽進慮,外憂遂侵誠。
強懷張不滿,弱念缺已盈。
詰屈避語嵆,冥茫觸心兵。
敗虞千金棄,得比寸草榮。
知恥足為勇,晏然誰汝令。
鮮鮮霜中菊,既晚何用好。
揚揚弄芳蝶,爾生還不早。
運窮兩值遇,婉孌死相保。
西風蟄龍蛇,眾木日凋槁。
由來命分爾,泯滅豈足道。
Herbstgedanken Erwin von Zach (1872–1942)
— in: Zach, Erwin von. Hightower, James Robert (ed.). Han-Yü's poetische Werke, Harvard-Yenching Institute studies. Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press, 1952. p. 17-21.
Vor dem Fenster stehen zwei schmucke Bäume, ihre Blätter glänzen üppig grün (Legge IV, 377).
Wenn aber der Herbstwind sie streift, hört das Rascheln der fallenden Blätter nicht mehr auf.
Während die kleine Lampe mein einsames Bett erhellt, dringt dieses Geräusch in der Nacht von allen Seiten in mein Ohr.
Kummervolle Gedanken tauchen grundlos auf und seufzend richte ich mich im Bette auf.
Wenn es Morgen wird und ich mein Antlitz (im Spiegel) betrachte, sieht es ganz anders als früher aus.
Hsi-ho treibt den Sonnenwagen so schnell, dass wir uns (auf unsere rasch entfliehende Jugend) nicht verlassen können.
Obwohl das dahineilende Leben viele verschiedene Wege aufweist, der Tod, dem wir uns nähern, hat nur ein Geleise.
Warum also wegen nichts sich übermässig betrüben? Lasst uns daher bei Wein noch einmal fröhlich sein!
Glänzender Tau fällt auf die ganze Vegetation, so dass würzige Kräuter wie Hsiao und Lan verwelken.
Der grüne Rasen am Fuss der vier Mauern (meines Hofes) breitet sich dagegen noch immer über den Boden aus.
Die fröstelnde Zikade ist einstweilen stillgeworden, während das Heimchen nach Herzenslust zirpt.
Im Kreislauf der Jahreszeiten gibt es keinen Stillstand, und die charakteristische Kraft, die die Wesen von der Natur empfangen, zeigt (diesem Wandel der Jahreszeiten gegenüber) grosse Verschiedenheiten.
Zu seiner Zeit gelangt jedes Wesen zu seinem Höhepunkt, Fichte und Zypresse (die sich niemals ändern) dürfen daher nicht überschätzt werden.
Wie schnell verrinnt doch die Zeit des Lebens! Warum sind meine Wünsche auf (unerreichbare) Fernen gerichtet?
Der Ch'ih-shou-Beamte Kung-sun Yên ergab sich dem Trunke (weil er nichts zu tun hatte); Lien P'o (B.D. No. 1254), obwohl alt, ass viel, um seine Verwendbarkeit zu beweisen.
In der Studienhalle (des Kuo-tzu-chien) habe ich täglich nur wenig zu tun; ich reite daher spazieren, wohin es mich freut.
Ohne Ziel verlasse ich mein Haus, um mich ein wenig aufzumuntern.
Doch bald kehre ich zurück, um wieder in historischen Werken zu lesen, deren Inhalt sich in hunderttausend Zeiten ergeht.
Wie wenige haben für die Spuren der Vorzeit Interesse! Doch was der Tiefstehende liebt, darf er darum noch nicht dem Hochstehenden anbieten (die Neigungen der Menschen sind verschieden).
Die Gedanken des Mannes sind auf eine bestimmte Aufgabe gerichtet, während die Frauen nur Gefühle der Kränkung kennen (wenn sie nicht geliebt werden, Legge I, 330).
Das Aussehen des Herbstes wird täglich trauriger, und seine Luft wird täglich kälter.
Oben auf den Aesten der Bäume sitzt keine Zikade mehr (Legge IV, 229), unten in der Schüssel findet sich keine Fliege mehr.
Sind etwa Ohr und Auge der Jahreszeit nicht dankbar, dass das was sie hassen, nun entfernt ist?
Am klaren Morgen sitze ich mit Büchern in der Hand und blicke nach den hohen Umrissen des Südberges (bei Ch'angan).
Dort drüben befindet sich der durchsichtige See (T'an-ku-ch'iu, vgl. 12. Gedicht), dessen Drache in der Kälte gefangen werden kann.
Schade dass ich nicht hingehen kann; wer würde sagen, ich wäre nicht imstande, den Drachen zu fangen?
Zerrissenen Gemütes hänge ich mich an meine grundlosen Sorgen und umklammere traurig die leeren Schreckgespenster (Wen-hsüan 16/14).
Der Tau erglänzt hoch auf den Herbstbäumen, die Insekten jammern über die ewige Länge der kalten Herbstnacht.
Resigniert ergebe ich mich der neu über mich gekommenen Schwäche, in meiner Lebensführung bedaure ich mein früheres Ungestüm.
Zur Einfalt zurückkehrend erkenne ich klar den (mir vom Schicksal vorgezeichneten) Weg: um im Brunnen des Altertums zu schöpfen, bedarf es eines langen Seiles (d.h. eines langen Studiums, T. of T. II, 7).
Ich schäme mich darüber, dass mein Ruf grösser ist als meine Verdienste (Liki II, 495); wenig Ehrgeiz zu besitzen würde wirklich für mich ein Glück bedeuten.
Ich hoffe, Reue und Tadel (Legge I, 151) hinter mir zurücklassen zu können, denn ohne Ehrgeiz zu leben ist schon dem Leben in der Einsamkeit zu vergleichen.
Heute früh ist es nicht zum Aufstehen gekommen, aufrecht sass ich am Bettrand bis der Tag vorüber war.
Die Insekten zirpen in der Tiefe des Hauses (Legge IV, 303), der Mond sieht glänzend durchs Fenster herein.
Mein Herz ist voll Trauer, wie wenn ich die Richtung verloren hätte; flüchtige Gedanken quälen mich gar sehr.
Ich bin zu faul den Staub von meinen Möbeln zu fegen, und lese nur unterschiedslos literarische Produkte.
Noch muss ich meine Unfähigkeit in den Dienst des Staates stellen, und meine Pflicht gegenüber dem Herrscher erfordert den Audienzgang.
Die Herbstnacht will nicht Morgen werden (Wen-hsüan 28/27), der Herbsttag wird leider bald dunkel.
Ich besitze kein heisses Streben (das mich mit der Zeit geizen liesse), warum habe ich dann dieses Missvergnügen (mit dem Herbst)?
Das fröstelnde Huhn sitzt einsam auf seiner Sprosse, die schmale Sichel des Mondes zieht immer von neuem meine Blicke auf sie.
Ich habe eine Laute (vor mir) und beginne zu spielen (Stege und Saiten werden geordnet, Wen-hsüan 17/7); doch bei der Wiederholung des Stückes erklingen mir die Töne noch monotoner.
Die alte klassische Musik ist schon lange begraben, und es besteht keine Möglichkeit mehr zu erkennen, welche Musik wahr und welche übertrieben ist (Liki II, 87).
Demütig entspreche ich den Neigungen der Zeit, doch kann ich nur mit Ueberwindung dieser modernen Musik zeitweilig folgen.
Es ist wie wenn ein Schiff, vom Winde getrieben einmal im Gange, sich nicht wieder anbinden lässt (diese Musik könnte mir verderblich werden).
Besser ist es sich mit literarischen Produkten zu beschäftigen und Kritik auszuüben mit Zinnober und Bleiweiss (Wen-hsüan 38/26).
Muss man etwa nach mehr Gehalt streben? Alles was (zum Leben) notwendig ist, ist eine Last Reis (Pétillon, All. litt. pg. 13).
Wirbelnd fallen die Blätter zur Erde und werden vom Winde vor mein Fenster geweht.
Sie rascheln wie wenn es mit Absicht geschehe; Hals über Kopf eilt eines dem anderen nach.
In der leeren Halle herrscht Dämmerung, und sitze ich düster und schweigend da.
Der Diener kommt herein und zündet die vor mir stehende Lampe an.
Er frägt mich etwas, ich gebe aber keine Antwort; er bringt mir Essen, ich esse aber nicht.
Ich ziehe mich zur Ruhe an der westlichen Mauer zurück und lese mehrere Hefte Gedichte durch.
Diese Dichter sind nicht Männer der Jetztzeit, sondern haben vor tausend Jahren gelebt.
Ihre Verse treffen und rühren mich und lassen in mir neuen Kummer entstehen.
Zum Diener gewendet sage ich: "lasse die Bücher nur hier und gehe ruhig schlafen".
Ein Mann darf nicht vergessen, dass seine Aufgabe im Leben (Legge, Iking pg. 377/32, 431/10) an keine Jahre gebunden ist.
Eiskalter Wind überfällt den Wu-t'ung-Baum, dessen Blätter auf den Aesten vergilben.
Auf der öden Treppe rollt ein Blatt hinab und raschelt wie wenn ein Edelstein zertrümmert würde.
Es heisst dass wenn einmal die Nachtdünste geschwunden sind, vom Monde runde Stücke brechen und auf die Erde fallen.
Am Himmel hat er keinen Stützpunkt (ebenso wenig wie ich auf Erden) seine hohe Bahn ist gefährlich und in labilem Gleichgewicht.
Erschreckt erhebe ich mich und trete vor die Türe, um ihn mir anzusehen; an den Türpfosten gelehnt weine ich lange heisse Tränen (über meine ähnliche Lage).
Durch all' diesen Kummer wird nur viel Zeit verloren, denn Sonne und Mond eilen schnell dahin wie springende Kugeln.
Auf falschem Wege muss man umkehren ohne Rücksicht darauf wie weit man gegangen ist; glaubst Du etwa, dass Sonne und Mond Deinetwegen ihren Lauf einhalten werden?
Bei einbrechender Dämmerung verlässt mich der Gast, der mich besucht hat, und alle Geräusche verstummen.
Weithin dehnt sich das Schweigen, und ich geniesse voll Inbrust (Legge IV, 428, 536) das herbstliche Mondlicht.
Die Bande der Welt treten plötzlich vor meine Gedanken, und äussere Sorgen nehmen mein Gemüt in Beschlag.
Mein Wunsch nach Stärke kann sich nicht mehr voll entfalten, und Gedanken der Schwäche, die schon verschwunden waren, erschienen von neuem.
Meine Sprache ermangelt der Klarheit und ich vermeide daher den Umgang mit Menschen; in meiner Einsamkeit kämpfen entgegengesetzte Gedanken in meinem Herzen.
Wenn ich Misserfolg habe, glaube ich tausend Silberstücke weggeworfen zu haben (T. of T. II, 34), und meinen Erfolg vergleiche ich mit dem Glanz eines Grashalmes.
Wer sich zu schämen weiss (darüber dass er Misserfolg gehabt hat), kann allein schon als tapfer gelten; wenn man sein Herz beruhigen kann, wer kann einem noch etwas anhaben?
Herrlich zu schauen ist die Chrysanthemum-Blüte im Schnee; obwohl es schon spät an der Zeit ist, warum ist sie doch noch so schön?
Selbstzufrieden umspielt sie der duftige Schmetterling; auch Du bist sehr spät geboren.
Wenn der Kreislauf beendet ist, wird beide ihr Los treffen; ihrer Jugend und Anmut (Legge IV, 158, 222) ist der Tod sicher.
Wenn der Westwind zu wehen beginnt, fallen Drachen und Schlangen in Winterschlaf; die ganze Vegetation verwelkt täglich mehr und mehr.
Von jeher war es so bestimmt, wozu von dieser Vernichtung noch sprechen?