瀧吏
Han Yu 韓愈 (768–824)
南行逾六旬,始下昌樂瀧。
險惡不可狀,船石相舂撞。
往問瀧頭吏,潮州尚幾里。
行當何時到,土風復何似。
瀧吏垂手笑,官何問之愚。
譬官居京邑,何由知東吳。
東吳遊宦鄉,官知自有由。
潮州底處所,有罪乃竄流。
儂幸無負犯,何由到而知。
官今行自到,那遽妄問為。
不虞卒見困,汗出愧且駭。
吏曰聊戲官,儂嘗使往罷。
嶺南大抵同,官去道苦遼。
下此三千里,有州始名潮。
惡溪瘴毒聚,雷電常洶洶。
鱷魚大於船,牙眼怖殺儂。
州南數十里,有海無天地。
颶風有時作,掀簸真差事。
聖人於天下,於物無不容。
比聞此州囚,亦在生還儂。
官無嫌此州,固罪人所徙。
官當明時來,事不待說委。
官不自謹慎,宜即引分往。
胡為此水邊,神色久戃慌。
揑大缾甖小,所任自有宜。
官何不自量,滿溢以取斯。
工農雖小人,事業各有守。
不知官在朝,有益國家不。
得無虱其間,不武亦不文。
仁義飭其躬,巧姦敗群倫。
叩頭謝吏言,始慚今更羞。
歷官二十餘,國恩並未酬。
凡吏之所訶,嗟實頗有之。
不即金木誅,敢不識恩私。
潮州雖云遠,雖惡不可過。
於身實已多,敢不持自賀。
Der Beamte von Shwang-t'ou (in Kwangtung) Erwin von Zach (1872–1942)
— in: Zach, Erwin von. Hightower, James Robert (ed.). Han-Yü's poetische Werke, Harvard-Yenching Institute studies. Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press, 1952. p. 165-167.
Schon über sechzig Tage ging die Reise nach Süden, da begann erst die Fahrt den Shwang-Fluss hinab im Distrikte Lê-ch'ang.
Die gefährlichen, schwierigen Stellen kann ich gar nicht beschreiben, wo das Schiff fortwährend gegen die Felsen stiess.
Und da wandte ich mich an den Hofbeamten von Shwang-t'ou mit der Frage, wie viele Meilen noch bis Ch'ao-chou-fu wären,
Ob wir bald ankämen und wie endlich die Sitten des Landes wären.
Der Beamte liess die zum Grusse erhobenen Hände sinken und sagte lachend: "Ach, wie thöricht sind doch Deine Fragen.
Es ist wie wenn Du in der Hauptstadt als Beamter leben würdest, wie solltest Du da auch die Verhältnisse von Ost-wu nicht kennen?
Ost-wu ist das Land der wandernden Beamten, wenn Du es kennst, besteht dafür natürlich ein Grund (weil immer viele Beamten dorthin gehen oder von dort kommen).
Ch'ao-chou-fu dagegen ist der Ort, wohin Leute, die sich vergangen haben, verbannt werden.
Ich habe glücklicherweise nichts verbrochen, wie sollte ich dahin gekommen sein und es kennen gelernt haben?
Du wirst selbst bald dort angelangt sein, wozu also voreilig thörichte Fragen stellen?" –
Ich hatte nicht vermutet, plötzlich so in Verlegenheit gebracht zu werden; Schweiss trat mir auf die Stirne, ich schämte mich und war erschrocken.
Da sagte der Beamte: "Ich spasse ja nur ein wenig mit Dir; ich selbst habe früher einmal Verbannte nach Ch'ao-chou-fu gebracht.
Das Land südlich von den Mei-ling-Bergen ist grossenteils einförmig; wenn Du dahin gehst, ist der Weg leider noch sehr weit.
Auf diesem Fluss hinunter geht es noch dreitausend Meilen, dann kommst Du erst zu jener Präfektur, die Ch'ao-chou-fu heisst.
Ueber dem Fluss Wo-ch'i sammeln sich giftige Miasmen, und ununterbrochen blitzt und donnert es dort.
Krokodile gibt es dort grösser als Schiffe, und ihre Zähne und Augen liessen mich tödlich erschrecken.
Einige zehn Meilen südlich von der Präfektur liegt das Meer, das in den Himmel übergeht.
Es gibt Zeiten, wo sich ein Cyklon erhebt; dann ist das Steigen und Fallen der Wogen wirklich eine Merkwürdigkeit.
Wenn ein weiser Kaiser die Welt beherrscht, lässt er allen seinen Untertanen gegenüber Gnade walten.
Ich habe vor kurzem mir sagen lassen, dass auch unter den nach Ch'ao-chou-fu Verbannten es solche gibt die wieder lebend zu ihren Feldern zurückgekehrt sind.
Du darfst jene Präfektur nicht schlecht finden, weil es ein Ort ist, wohin gewöhnlich Beamte verbannt werden.
Du bist in einer aufgeklärten Zeit gekommen, so braucht der Grund Deines Kommens nicht weiter erörtert zu werden (es ist sicher Deine Schuld, und nicht jene der Regierung).
Du bist eben unvorsichtig gewesen, darum musst Du jetzt Deinem Schicksal folgend dahin abgehen.
Warum stehst Du am Ufer dieses Flusses schon so lange, wie in hilflosem Jammer? –
Das Fass ist gross, der Krug, die Flasche klein, und die Quantität der Flüssigkeit, die sie enthalten, ist dementsprechend verschieden.
Warum hast Du Deine Kraft nicht vorher abgeschätzt? Dadurch dass Du Dir zu viel zugetraut hast, hast Du Dir Deine Verbannung zugezogen.
Handwerker und Bauern sind zwar kleine Leute, doch jeder von ihnen hat seine bestimmte Beschäftigung.
Ich weiss nicht, ob Du am Hofe von Nutzen für den Staat warst oder nicht.
Vielleicht warst Du nur eine dort nistende Laus, weder Soldat noch Beamter.
Einer, der sich mit Humanität und Gerechtigkeit aufzuputzen suchte und die öffentliche Meinung durch Listen und Ränke zu dupieren wusste."
Ich neigte das Haupt und dankte dem Mann für seine Worte; erst hatte ich mich geschämt und jetzt schämte ich mich noch mehr.
Ich habe mehr als zwanzig Jahre als Beamter gedient und habe die kaiserliche Gnade auch nicht im geringsten vergolten.
Alles was jener Beamte an mir auszusetzen fand, ist leider grösstenteils nur zu wahr.
Dass der Kaiser mein Vergehen nicht sofort mit dem Tode (T. of T. II, 208) bestraft hat, war eine besondere Gnade, die ich bis zum Tode zu vergessen nicht wage.
Obwohl Ch'ao-chou-fu äusserst entlegen ist, obwohl seine Nachteile nicht mehr übertroffen werden können –
Am Leben geblieben zu sein, ist ja allein schon unerwartetes Glück, und in Anbetracht dieser Umstände kann ich nicht anders als mir gratulieren.