蝃蝀
Anonymous (Shijing)
蝃蝀在東,莫之敢指。
女子有行,遠父母兄弟。
朝隮于西,崇朝其雨。
女子有行,遠兄弟父母。
乃如之人也,懷昏姻也。
大無信也,不知命也。
Der freien Sitte Schönheit Johann Cramer
— in: Cramer, Johann (ed.). Schi-King, oder Chinesische Lieder, gesammelt von Confucius. Neu und frei nach A. La Charme's lateinischer Übersetzung bearbeitet. Fürs deutsche Volk hg. von Johann Cramer, Das himmlische Reich. Oder China's Leben, Denken, Dichten und Geschichte, 4 vols. Crefeld: Verlag der J. H. Funcke'schen Buchhandlung, 1844. p. 42.
Den prächt'gen Regenbogen seht,
Doch redet nicht davon!
Denn was man unbeliebet spricht,
Das ärntet schlimmen Lohn.
Ei, wie deutlich, ei wie licht
Kommt die Schönheit hergegangen,
Ist es wohl ein junger Bursch,
Darnach heiß sie trägt Verlangen?
Sie entging der Brüder Hut.
Den prächt'gen Regenbogen seht,
Doch zeigt nicht mit dem Finger hin!
Denn Zeigefinger büßet ja
Mit Blätterchen den Schmachgewinn.
Ei, so seht mir doch den Glanz,
Wie das schimmert auf und nieder!
Sagt mir, geht sie wohl zum Tanz,
Oder sonst zu andren Spielen?
Ach, sie täuscht die Aeltern sehr!
Ei, seht nur all' die Bänder bunt,
Doch Böses redet nicht davon!
Denn arge Blatter trifft den Mund
Dafür mit gar zu schlimmem Lohn.
Ei, das schöne Prunken, sieh,
Wechselt schnell mit Liebbegehren,
Uebt sich stets in neuer Kunst,
Hält sich nicht an Zucht und Ehren,
Und Gerede gilt für Dunst.
Schönheit von freien Sitten Ernst Meier (1813–1866)
— in: Meier, Ernst. Morgenländische Anthologie. Klassische Dichtungen aus der sinesischen, indischen, persischen und hebräischen Literatur. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1875. p. 36.
Oestlich steht ein Regenbogen,
Keiner wagt auf ihn zu deuten.
Warum sondert sich dieß Mädchen
So von Eltern und von Brüdern?
Ei, sie geht vielleicht aufs Freien!
Steht der Regenbogen westlich,
Wird's am Himmel hell und heiter.
Warum hält so fern dieß Mädchen?
Ei, sie geht vielleicht aufs Freien!
Schönheit von freyen Sitten Friedrich Rückert (1788–1866)
— in: Rückert, Friedrich. Schi-king. Chinesisches Liederbuch. Altona: J. F. Hammerich, 1833. p. 65f.
Seht den prächt'gen Regenbogen,
Aber nach ihm deutet nicht!
Denn wer deutet ungewogen,
Muß es büßen, wie man spricht.
Ei wie hell, ei wie licht
Kommt die Schönheit aufgezogen!
Ist es wol ein Junggesell,
Der ihr in die Augen sticht,
Weil sie blickt so grell?
Ihrer Brüder Hut ist sie entflogen.
Seht den schönen Regenbogen,
Aber zeiget nicht danach!
Zeigefinger ungezogen
Büßt mit Blätterchen die Schmach.
Seht den Glanz tausendfach
An ihr auf und nieder wogen!
Gehet sie vielleicht zum Tanz,
Oder andern Spielen nach?
Es gemahnt mich ganz:
Ihre Eltern sind an ihr betrogen.
Seht das farbige Geflatter,
Saget ihm nichts Böses nach!
Jeden Mund trifft böse Blatter,
Der davon ein Wörtchen sprach.
Schöner Dunst, wie so jach
Wechseslt du mit nimmer matter Kunst!
O der Sitten, o der Schmach!
Sie beut ihre Gunst
Offen feil, und achtet kein Geschnatter.
Leichtfertige Mädchen Victor von Strauß (1809–1899)
— in: Strauß, Victor von. Schi-king. Das kanonische Liederbuch der Chinesen. Heidelberg: Carl Winter's Universitätsbuchhandlung, 1880. p. 123.
Wenn der Regenbogen im Osten steht,
Wagt's keiner und zeigt mit Fingern darauf.
Und geht ein Mädchen seines Wegs,
So giebt es Ältern und Brüder auf.
Und steigt er Morgens in Westen auf,
So ist mit dem Morgen der Regen vorbei.
Und gehet ein Mädchen seines Wegs,
So macht es von Ältern und Brüdern sich frei.
Ist aber Eine dergleichen dann,
Die nur an das Heirathen denken kann,
Der kommt's auf Treue gar wenig an,
Und kein Gebot erkennet sie an.