除夜宿石頭驛
Dai Shulun 戴叔倫 (732–789)
旅館誰相問,寒燈獨可親。 一年將盡夜,萬里未歸人。 寥落悲前事,支離笑此身。 愁顏與衰鬢,明日又逢春。
Bei Jahresschluss in einer Herberge Hans Bethge (1876–1946)
— in: Bethge, Hans. Pfirsichblüten aus China. Berlin: Ernst Rowohlt Verlag, 1923. p. 74f.
Wer kümmert sich um mich in diesem Haus? Mit wem soll ich hier sprechen? Eine Lampe, Erloschen, ist mein einziger Kumpan. In dieser Nacht stürzt wiederum ein Jahr Ins Jenseits. Tausende von Meilen hab ich Durchwandert, – meine Heimat blieb mir fern. Allein mit meinen Sorgen, seh ich all Mein Leben vor mir. Ist es nicht entsetzlich, Daß wir so ruhlos sind in dieser Welt? Mein Antlitz ist voll Kummer. Meine Haare Sind an den Schläfen silbergrau, – so fang ich Das neue Jahr, den neuen Frühling an. Schon viele Jahre sind hinabgeflossen Und haben meine Seele nicht besänftigt, – Was soll ich hoffen von dem neuen Jahr? Von den Genossen meiner Jugend haben Nur einige erreicht, was sie ersehnten, – Die meisten hat der Tod hinweggerafft. Ich will von nun an weiter nichts als: Ruhe, Verachtet, sei mir alles eitle Streben, – Nur Ruhe, Ruhe will mein müdes Herz. Des Frühlings Schönheit war von je die gleiche Seit Ewigkeiten und wird es immer bleiben, Sie altert niemals, zeitlos ist ihr Glanz. Ich seh des Frühlings Wunder um mich leuchten Vom Fenster meiner ärmlichen Behausung, – Ein Fürst sieht sie nicht anders vom Palast.
Neujahrsnacht in einer Herberge Max Fleischer (1880–1942)
— in: Fleischer, Max. Der Porzellanpavillon. Nachdichtungen chinesischer Lyrik. Berlin, Wien, Leipzig: Paul Zsolnay Verlag, 1927. p. 43f.
Kein Herz, das Anteil an mir nähm in diesem fremden Haus. Kein Mensch, der freundlich zu mir käm. Ich spräch so gern mich aus. Ein trübes Lämpchen ist allein mein Gast in dieser Nacht. Bald sieht das neue Jahr herein. Wie bin ich so verwacht! Straßab und auf trug ich die Schuh, blieb doch der Heimat fern, fand keine Einkehr, keine Ruh. Ein Unstern ist mein Stern. Ist es nicht lächerlich und weh, wie dieser Körper bebt? Mein Aug ist trüb, die Schläfe Schnee. Mein Leben ist verlebt. Und morgen springt ein neues Jahr wie eine Knospe auf. Ich kränzte allzugern mein Haar, das gramvoll ich zerrauf. Viel Jahre sah ich so vergehn und keines machte froh. Wes mag ich mich von dem versehn auf diesem Herbergstroh? Zwar mancher, den ich einst gekannt, fand da und dort sein Glück; doch mancher, der mir nahe stand, kommt nimmer mir zurück. Drum, bis auch meine Lampe lischt, will ich gelassen sein. So geh erquickt ich und erfrischt in hohes Alter ein, trink Jahr für Jahr des Frühlings Licht, das gnädig mich umfließt, und tausche mit dem Kaiser nicht, der es wie ich genießt.
Die Neujahrsnacht in der Herberge Hans Heilmann (1859–1930)
— in: Heilmann, Hans. Chinesische Lyrik vom 12. Jahrhundert v. Chr. bis zur Gegenwart, Die Fruchtschale. München, Leipzig: R. Piper & Co., 1905. p. 91f.
Kein Mensch, der an mir Anteil nähme, in tiefem Fremdenhause, nicht einer, mit dem ich ein paar Worte wechseln könnte! Eine trübe Lampe ist mein einziger Genoß. In dieser Nacht will sich das Jahr vollenden! Weit bin ich gewandert und noch immer der Heimat fern. Allein mit meinem Kummer blick ich zurück über mein ganzes Leben. Ist es nicht lächerlich und traurig zugleich, daß dieser elende Körper nicht Ruge halten kann! Mein Antlitz ist vergrämt, das Haar an der Schläfe ergraut, Und morgen beginnt das neue Jahr, so soll ich den neuen Frühling begrüßen! Viele Jahre sah ich schon vergehen, doch Zufriedenheit ließen sie mir nicht zurück: Was soll ich von diesem erwarten, das nun kommt? Von den alten Freunden meiner Jugend und meiner Studien Haben einige ihr Glück gemacht, aber wie viele raffte der Tod hinweg. Von nun ab sei die Ruhe all meiner Wünsche Ziel; Ich will auf die eitlen Mühen verzichten, um wenigstens ein hohes Alter zu erreichen. Die Schönheit des Frühlings steht erhaben über der Zeit; sie ist und wird immer dieselbe sein. Ich will sie in meinem Häuschen genießen so gut wie der Kaiser in seinem Palast.