凶宅
Bai Juyi 白居易 (772–846)
長安多大宅,列在街西東。
往往朱門內,房廊相對空。
梟鳴松桂樹,狐藏蘭菊叢。
蒼苔黃葉地,日暮多旋風。
前主為將相,得罪竄巴庸。
後主為公卿,寢疾歿其中。
連延四五主,殃禍繼相鍾。
自從十年來,不利主人翁。
風雨壞檐隙,蛇鼠穿牆墉。
人疑不敢買,日毀土木功。
嗟嗟俗人心,甚矣其愚蒙。
但恐災將至,不思禍所從。
我今題此詩,欲悟迷者胸。
凡為大官人,年祿多高崇。
權重持難久,位高勢易窮。
驕者物之盈,老者數之終。
四者如寇盜,日夜來相攻。
假使居吉土,孰能保其躬。
因小以明大,借家可喻邦。
周秦宅殽函,其宅非不同。
一興八百年,一死望夷宮。
寄語家與國,人凶非宅凶。
Die Unglückshäuser Max Fleischer (1880–1942)
— in: Fleischer, Max. Der Porzellanpavillon. Nachdichtungen chinesischer Lyrik. Berlin, Wien, Leipzig: Paul Zsolnay Verlag, 1927. p. 65-69.
Die Altstadt birgt manch altes Haus.
Dort geht das Unheil ein und aus.
Vom Giebel bis zum Kellergang
jahrhundertlang, jahrtausendlang
gähnt Öde, grinst geborstner Stein,
schwelt faules Holz in grünem Schein.
Das Käuzchen späht vom Zimmetast.
Naht sich ein Mensch, verbirgt in Hast
der Fuchs sein Fell. Ein Goldgeschling
von Ranken wiegt sich, wo er ging.
Der Bau verwittert unter Staub.
Auf Treppen modert welkes Laub.
Das lebt nur, wenn ein Wind es hebt,
und ist doch tot, so hoch es schwebt.
Einst hauste hier ein wilder Stamm.
Sein Unheilsmeer behielt kein Damm.
Soviel Verruchtes hier geschah,
wie es der Erdkreis nimmer sah.
Dann zog herein in Pracht und Prunk
ein Kaiser. Dieser morsche Strunk
war einst ein Baum. Hier ward geschlemmt.
Die Zeit hat alles weggeschwemmt.
Hier ward gelärmet und gezecht.
Die Zeit fraß ihn und sein Geschlecht.
Die Namen selber fraß die Zeit.
Der Fluch nur trägt sein altes Kleid.
Manch ein Jahrhundert zog ins Land,
seit hier der letzte Herd gebrannt.
In diesen Unglückshäusern mag
kein Mensch mehr siedeln, keinen Tag.
Der Regen rauscht in Zimmer klein
und groß. Er schlug die Fenster ein.
Nur Schlangen, Mäuse hausen lang
in allen Räumen. Kein Gesang,
kein Spiel, kein Kuß, kein Kindeswort
belebt mehr diesen Unglücksort.
Kein Zimmermann schlägt Nägel ein.
Das Holz vermorscht wie Totenbein.
Die Mauern bröckeln, rieseln. Sand
und grauer Schutt nimmt überhand.
O Volk, hast du noch nicht genug?
Erkennst du nicht, was dich so schlug?
Weißt nicht, daß nur dein dumpfes Blut
dir Frohsinn nahm und Lust und Mut?
Wen Aberglaube hat behext,
ahnt nicht, woraus sein Unglück wächst.
Wach auf! Die Luft geht herb und frisch.
Kehr aus! Kehr heim! Mach reinen Tisch!
Wer immerdar nur stieg und stieg,
verstieg sich wohl, wie hoch er stieg.
Denn Klein und Groß und Haus und Reich
sind sich in diesem Einen gleich:
Sie sind durch sich nur klein und groß,
ihr Glück und Unglück liegt im Schoß
des eignen Wesens immerdar.
Es bleibt ein jeder, der er war,
als er, von seines Schicksals Griff
geformt, bestieg das Lebensschiff.
Wir sahen Häuser, alt und arg.
Das eine ward des andern Sarg.
Dies starb in einem Prunkpalast.
Achthundert Jahre gingen fast,
seit jenes auf den Beinen steht,
indes die Zeit vorüberweht.
Die alten Häuser fallen ein.
Du aber bist und wirst noch sein,
wenn nichts im ungeheuren Kreis
von diesem Unglücksorte weiß.
Die Unglückshäuser Hans Heilmann (1859–1930)
— in: Heilmann, Hans. Chinesische Lyrik vom 12. Jahrhundert v. Chr. bis zur Gegenwart, Die Fruchtschale. München, Leipzig: R. Piper & Co., 1905. p. 84 - 87.
In Tschang=an stehen viele große Häuser.
In langen Reihen ziehen sie sich nach Westen und nach Osten,
Nach Norden und nach Süden, überall unnerhalb der hellroten Tore.
In den Gemächern und Gängen überall gähnt die Leere.
Die Eule schreit auf der Fichten, auf der Zimmetbäume Zweigen,
Der Fuchs verbirgt sich in den Büschen von Luftpflanzen und Goldblumen.
Grünes Moos, verwelkte Blätter bedecken die Erde,
Nur der Wirbelwind, der am Abend auflebt, stört ihre Todesruhe.
In alter Zeit geboten hier die Häuptlinge eingeborener Stämme und ihre Mannen;
Sie taten übles und mußten fliehen nach Pa=Bung.
Dann zogen Reiter und Diener des Reichs hier ein,
Doch Rot und Krankheit kam über sie, sie gingen zugrunde, verdarben, starben,
So erbte sich das Unglück weiter von Geschlecht zu Geschlecht
Und nistete sich hier ein.
Seit zehn Jahren
Dienen die Unglückshäuser keinem als Wohnung mehr.
Wind und Regen zerstören des Vordachs Zwischenraum,
Schlangen und Mäuse durchwühlen die Wände.
Die Menschen wagen nicht, in ihnen ihre Heimstätte aufzuschlagen,
Mehr und mehr verfallen Holz und Mauerwert.
O wie beklagenswert ist der niedrige Sinn des Volkes,
Wie groß seine Unwissenheit, sein dumpfer Unverstand.
Es fürchtet nur die Unheil drohenden Gewalten des Himmels,
Es bedenkt nicht, woraus das Unheil erwächst.
Ich will in tiefem Gedichte
Wecken der Irrenden Erkenntnis!
Wer zu einem hohen Amte berufen ist,
Mit großem Glanz und reichen Einkünften,
hat Mühe, sich Macht und Einfluß dauernd zu behaupten.
Je höher er steht, desto tiefer droht ihm unablässig der Fall.
Der Stolz und der Übermut,
Das Alter und die Vergänglichkeit,
Sie gleichen dem Räuber,
Der Tag und Nacht uns bedroht.
Und wohntest du im Lande des Glücks,
Wie könntest du dein Selbst bewahren?!
Wie das kleine, so ist das Große,
Wie das Haus, so das ganze Reich.
Die Häuser von Tscheu und Thsin, in Hiao und Han,
Sie waren gleich den Häusern von Tschang=an:
Das eine stand 800 Jahre lang,
Das andre starb in Wang=Is Palast.
So gilt dasselbe Wort von Haus und Reich:
Die Menschen sind unglücklich, die Häuser nicht!