夢李白二首(其一)“死別已吞聲”
Du Fu 杜甫 (712–770)
死別已吞聲,生別常惻惻。
江南瘴癘地,逐客無消息。
故人入我夢,明我長相憶。
恐非平生魂,路遠不可測。
魂來楓葉青,魂返關塞黑。
君今在羅網,何以有羽翼。
落月滿屋梁,猶疑照顏色。
水深波浪闊,無使蛟龍得。
An den verbannten Li-Tai-Po Hans Bethge (1876–1946)
— in: Bethge, Hans. Pfirsichblüten aus China. Berlin: Ernst Rowohlt Verlag, 1923. p. 52f.
Trennt uns der Tod? Ich würde schweigend trauern.
Trennt uns die Ferne nur? Ich würde schallend
Erheben meiner Stimme Klagelaut!
Das Klima, wo du in Verbannung weilst,
Ist mörderisch, ich weiß es; und so lange
Hab ich von meinem Freunde nichts gehört!
Die letzte Nacht erschienst du mir im Traume,
Denn unsre Geister suchen sich fortwährend, –
War's eines Toten Geist, der zu mir kam?
War es der Geist des Freundes, der noch atmet?
O weh! du bist so weit in der Verbannung,
Daß ich nicht weiß, wie mir die Wahrheit wird.
Das Traumbild trat aus einem grünen Haine,
Dann sah ich, wie es langsam sich entfernte,
Im Schatten dunkler Bäume schwand es hin.
O Freund! so rief ich, – bist du nicht in Fesseln?
Wo hast du denn die Flügel hergenommen,
Daß du so nah zu mir dich schwingen kannst?
Da wacht ich auf. Durch meine Stube glänzte
Der weiße Mond, – o daß er das Antlitz
Des Freundes träfe in der fernen Nacht!
Daß ihm Befreiung würde! An Gefahren
Hat er auch dann noch viele zu bestehen
Auf seiner Rückkehr in das Heimatland.
Manch Boot ist aus zu leichtem Holz gezimmert,
Meerungeheuer drohen, und die Tiefen
Des weiten Meeres sind erbarmungslos!
Der Dichter sieht im Traum seinen Freund Li Tai Po in Kerkerhaft Otto Hauser (1876–1944)
— in: Hauser, Otto. Chinesische Gedichte aus der Han-, Tang- und Sung-Zeit. Übersetzt und eingeleitet von Otto Hauser, Aus fremden Gärten 58. Weimar: Alexander Duncker Verlag, 1917. p. 17.
Trennt uns der Tod, dann schweigen alle Klagen;
Getrennt im Leben – Schmerz nicht auszusagen!
Kiang-nan ist ein gefährliches Gebiet,
Und jede Kunde fehlt mir, seit er schied.
Mein alter Freund, er trat im Traum vor mich,
Ein Zeugnis, daß er treu gedenkt wie ich.
War's wirklich noch lebend'gen Mannes Geist?
Der Weg ist lang, wie schnell man immer reist.
Er trat vor mich in sturmbewegtem Wald,
Doch schwand in Finsternis mir nur zu bald.
Mein Freund ist wie ein Vogel jetzt gefangen,
Wie fand er Flügel, zu mir zu gelangen?
Der Mond warf lichten Schein auf meine Schwelle:
Strahlt meinem fernen Freund auch seine Helle?
Uns trennen tiefe Fluten, graus'ge Wogen,
Von böser Ungeheuer Schwarm durchzogen; [...]