秋興八首(其四)“問道長安似奕棋”
Du Fu 杜甫 (712–770)
聞道長安似弈棋,百年世事不勝悲。
王侯第宅皆新主,文武衣冠異昔時。
直北關山金鼓振,征西車馬羽書馳。
魚龍寂寞秋江冷,故國平居有所思。
Herbstwehmutlieder, "Spielt man noch die alten Spiele" Max Fleischer (1880–1942)
— in: Fleischer, Max. Der Porzellanpavillon. Nachdichtungen chinesischer Lyrik. Berlin, Wien, Leipzig: Paul Zsolnay Verlag, 1927. p. 16f.
Spielt man noch die alten Spiele
wie in all den langen Jahren?
Ist die Diele noch die Diele,
ist das Dach das Dach noch? Fahren
die Karossen noch wie immer
goldumflimmert durch die Gassen?
Schreiten durch die hohen Zimmer
der Paläste noch gelassen
schöne Frauen? Wehn Gewänder
noch wie einst? Nur an den Mützen
änderten sich bunte Bänder.
Was kann solch ein Treiben nützen?
Durch die Lande widerhallen
Trommeln, die zur Fahne rufen.
Die Trompeten werben. Allen
ist der Weg versperrt von Hufen,
die den Staub der Straßen stampfen.
Die Gefilde auf und nieder
sprengen Reiter. Rosse dampfen
abgehetzt. Die rauhen Lieder
der Gefangnen läuten, läuten
in den Lüften wie die Glocken.
Sinnend frag ich: Was bedeuten
diese Zeichen? Heb erschrocken
oft das Haupt. Ein starres Schweigen
liegt auf meiner Festung. Fische,
die im See sich seltner zeigen,
steigen tiefer, eine Nische
im Geklippe zu erhaschen.
Süsse Heimat goldner Tage,
die versanken, laß mich naschen
deinen Seim! Wie eine Sage
lebst du hinterm Nebelruße
dieses Tals in blauer Milde.
Meine, ach, so reiche Muße
ist erfüllt von deinem Bilde.
Herbstgesänge, IV. Hans Heilmann (1859–1930)
— in: Heilmann, Hans. Chinesische Lyrik vom 12. Jahrhundert v. Chr. bis zur Gegenwart, Die Fruchtschale. München, Leipzig: R. Piper & Co., 1905. p. 79.
In Tschang-nan scheint man noch immer die alten Spiele zu spielen.
Was für traurige, kaum zu ertragende Dinge sind in den letzten Jahren geschehen;
Doch in den Palästen der Fürsten und Großen wechseln die Günstlinge in rascher Folge, wie immer,
Nur die Mützen und Hofgewänder haben sich gewaltig verändert.
Die Gebirge der Nordgrenze hallen wider von Trommeln und Becken.
Im Westen sind alle Straßen voller Reiter und Kriegswagen, selbst die kaiserlichen Eilboten finden den Weg versperrt.
Hier herrscht ein eisesstarres Schweigen; bald kommt der Winter und auch die Fische ziehen sich tief in ihre Schlupfwinkel zurück.
O mein Heimatland, o ihr vergangenen Tage stillen Glückes – wie viel Zeit habe ich, euer zu gedenken!