赴江陵途中寄贈王二十補闕李十一拾遺李二十六員外翰林三學士
Han Yu 韓愈 (768–824)
德宗貞元二十年移江陵法曹參軍,未幾以四門博士召,三學士王涯、
李建、李程也。
孤臣昔放逐,血泣追愆尤。
汗漫不省識,怳如乘桴浮。
或自疑上疏,上疏豈其由。
是年京師旱,田畝少所收。
上憐民無食,征賦半已休。
有司恤經費,未免煩徵求。
富者既云急,貧者固已流。
傳聞閭里間,赤子棄渠溝。
持男易斗粟,掉臂莫肯酬。
我時出衢路,餓者何其稠。
親逢道邊死,佇立久咿嚘。
歸舍不能食,有如魚中鉤。
適會除御史,誠當得言秋。
拜疏移閤門,為忠寧自謀。
上陳人疾苦,無令絕其喉。
下陳畿甸內,根本理宜優。
積雪驗豐熟,幸寬待蠶麰。
天子惻然感,司空歎綢繆。
謂言即施設,乃反遷炎州。
同官盡才俊,偏善柳與劉。
或慮漾言洩,傳之落冤讎。
二子不宜爾,將疑斷還不。
中使臨門遣,頃刻不得留。
病妹臥床褥,分知隔明幽。
悲啼乞就別,百請不頷頭。
弱妻抱稚子,出拜忘慚羞。
僶俛不回顧,行行詣連州。
朝為青雲士,暮作白頭囚。
商山季冬月,冰凍絕行輈。
春風洞庭浪,出沒驚孤舟。
逾嶺到所任,低顏奉君侯。
酸寒何足道,隨事生瘡疣。
遠地觸途異,吏民似猿猴。
生獰多忿很,辭舌紛嘲啁。
白日屋簷下,雙鳴鬥鵂鶹。
有蛇類兩首,有蠱群飛遊。
窮冬或搖扇,盛夏或重裘。
颶起最可畏,訇哮簸陵丘。
雷霆助光怪,氣象難比侔。
癘疫忽潛遘,十家無一瘳。
猜嫌動置毒,對案輒懷愁。
前日遇恩赦,私心喜還憂。
果然又羈縶,不得歸耡耰。
此府雄且大,騰凌盡戈矛。
棲棲法曹掾,何處事卑陬。
生平企仁義,所學皆孔周。
早知大理官,不列三后儔。
何況親犴獄,敲搒發姦偷。
懸知失事勢,恐自罹置罘。
湘水清且急,涼風日修修。
胡為首歸路,旅泊尚夷猶。
昨者京使至,嗣皇傳冕旒。
赫然下明詔,首罪誅共圝。
復聞顛夭輩,峨冠進鴻疇。
班行再肅穆,璜珮鳴瑯璆。
佇繼貞觀烈,邊封脫兜鍪。
三賢推侍從,卓犖傾枚鄒。
高議參造化,清文煥皇猷。
協心輔齊聖,致理同毛輶。
小雅詠鹿鳴,食蘋貴呦呦。
遺風邈不嗣,豈憶嘗同裯。
失志早衰換,前期擬蜉蝣。
自從齒牙缺,始慕舌為柔。
因疾鼻又塞,漸能等薰蕕。
深思罷官去,畢命依松楸。
空懷焉能果,但見歲已遒。
殷湯閔禽獸,解網祝蛛蝥。
雷煥掘寶劍,冤氛消斗牛。
茲道誠可尚,誰能借前籌。
殷勤答吾友,明月非暗投。
Auf dem Wege nach Chiang-ling. Dem Censor (pu-ch'üeh) Wang Yai, dem Censor (shih-i) Li Chien und dem Ministerialsekretär (Yüan-wai-lang) Li Ch'êng (welche alle drei Mitglieder des Hanlin-yüan sind) übersendet Erwin von Zach (1872–1942)
— in: Zach, Erwin von. Hightower, James Robert (ed.). Han-Yü's poetische Werke, Harvard-Yenching Institute studies. Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press, 1952. p. 21-26.
Einst wurde ich, der in Ungnade gefallene Beamte (Legge II, 457) verbannt und habe mit blutigen Tränen meine Vergangenheit nach begangenen Fehlern durchforscht.
Die Sache bleibt verschwommen und ich kann nichts sicheres darüber in Erfahrung bringen; ich bin daher deprimiert wie Konfuzius, als er auf einem Floss in das Meer hinausfahren wollte (Legge I, 174).
Mancher vermutet, dass meine Throneingabe an der Verbannung Schuld trägt; sollte denn wirklich jene Throneingabe die Ursache sein?
In jenem Jahre herrschte Dürre in (der Umgebung) der Hauptstadt und die Felder brachten nur wenig Ernte ein.
Der Kaiser hatte Mitleid mit dem hungrigen Volke und erliess zur Hälfte die Kriegssteuern.
Die Behörden waren besorgt wegen der ungedeckten Ausgaben (Chavannes III, 542) und hörten nicht auf, das Volk durch Eintreibung von Steuern zu bedrücken.
Wenn schon die Reichen meinten, es wäre zu arg, dann sind die Armen sicherlich schon zu Bettlern (Vagabunden) geworden.
Mir wurde erzählt, dass auf dem Lande die Säuglinge in Gräben und Kanäle geworfen wurden.
Für einen Knaben wollte man ein Scheffel Korn eintauschen, doch die Getreideverkäufer lehnten es ab, diesen Preis anzunehmen.
Damals ging ich oft durch die Strassen, wo sich die Hungernden drängten.
Mit eigenen Augen sah ich an der Wegseite Leichen liegen; ich hielt mein Pferd an und weinte lange.
Als ich nach Hause kam, konnte ich nichts essen und kam mir vor wie ein Fisch am Angelhaken.
Damals war ich gerade zum Censor ernannt und glaubte, es wäre nun die Zeit zum Reden gekommen.
Ich reichte meinen Thronbericht beim Tor der Kabinettskanzlei ein, wie konnte ich als loyaler Staatsdiener dabei an mich selbst denken?
Am Beginne des Schriftstückes setzte ich die Leiden des Volkes auseinander (und sagte), man dürfe ihm nicht das Essen wegnehmen.
Weiter unten erörterte ich, dass die kaiserliche Domäne gewissermassen das Fundament des Reiches wäre und deren Bewohner daher gut behandelt werden müssten.
Der viele Schnee liesse für das folgende Jahr eine reiche Ernte erwarten und durch kaiserliche Gnade könnte man Brot und Seide erhoffen.
Der Kaiser war bei Lektüre dieses Berichtes von Mitleid gerührt, der Minister für öffentliche Arbeiten (Tu Yu, B.D. No. 2070) seufzte ergriffen (Legge IV, 179).
Er versprach sofort Maszregeln zu ergreifen, statt dessen wurde ich aber nach Yen-chou (Playfair No. 1332) verbannt.
Meine Kollegen im Amte waren alle hervorragende Männer und besonders gut war ich mit Liu Tsung-yüan und Liu Yü-hsi (B.D. No. 1361 u. 1379).
Manchmal glaube ich, dass durch diese beiden meine Worte ausgeplaudert und meinen Feinden hinterbracht wurden.
Von den beiden hätte ich solches nicht erwartet (Legge V, 31/18, 32/4), übrigens ist mein Verdacht noch nicht zur Sicherheit geworden. –
Der kaiserliche Herold brachte den Verbannungsbefehl an mein Haus und erklärte, ich müsste sofort abreisen ohne weiteres Zögern.
Meine arme Schwester lag auf ihrem Krankenlager und ich wusste deutlich, dass es ein Abschied auf Leben und Tod würde.
Weinend ersuchte ich sie von mir Abschied zu nehmen, hundertmal bat ich sie, aber sie nickte nicht einmal mit dem Kopfe (Legge V, 519/7).
Die entkräftete Gattin mit dem Kindchen im Arme trat hinaus vor die Tür und sagte mir Lebewohl, ohne sich vor den fremden Leuten zu schämen.
Mit Ueberwindung vermied ich es zurückzuschauen und eilte unaufhaltsam weiter in der Richtung von Lien-chou (wozu Distrikt Yang-shan gehörte).
Morgens war ich noch ein himmelstrebender Gelehrter, abends schon ein weisshaariger Verbannter.
Ueber den Shang-Berg war im 3. Wintermonat der Weg für Wagen wegen Vereisung beinahe unmöglich.
Auf den durch den Frühlingswind angefachten hohen Wogen des Tung-t'ing-Sees hob und senkte sich fürchterlich mein einsames Boot.
Ich überschritt die südliche Bergkette, erreichte meinen Standplatz und präsentierte mich demütig den dortigen Behörden (dem Gouverneur von Lien-chou).
Wozu sollte ich noch von meiner Depression sprechen? Mich meiner Arbeit widmend ergaben sich neue Schwierigkeiten.
In dieser fernen Gegend verstiess ich gegen die fremden Sitten, und Beamte wie Volk machten auf mich den Eindruck von Affen.
Die Leute sind voll Bosheit und zeigen sich leicht verletzt, ihre Sprache ist ein wirres Zwitschern.
Am hellichten Tage unter dem Vordach des Hauses heulen zankende Eulen.
Schlangen gibt es, die aussehen als hätten sie zwei Köpfe, und überall fliegen Scharen giftiger Insekten herum.
Im tiefen Winter nimmt man manchmal den Fächer wieder auf, im vollen Sommer kommt es vor, dass man einen doppelten Pelz tragen muss.
Wenn sich ein Taifun erhebt, dann ist es besonders schrecklich, und werden Berge und Hügel unter furchtbarem Getöse durch einander gerüttelt.
Donnerschläge helfen dem zuckenden Blitz, und sind alle Phänomene schwer mit den heimatlichen zu vergleichen.
Epidemien tauchen plötzlich aus der Verborgenheit auf, und von zehn Kranken wird nicht einer wieder gesund.
Auf blossen Verdacht hin wird gleich Gift gegeben, wie ich bei Gerichtsverhandlungen mit Kummer konstatierte. –
Vor kurzem hatte ich das Glück amnestiert (d.h. nach Chiang-ling versetzt) zu werden, worüber ich mich tief im Herzen freute, bald aber wieder traurig wurde.
Denn offenbar war ich stets noch (als Verbannter) gebunden und konnte noch immer nicht zur Arbeit auf den Feldern der Heimat zurückkehren.
Diese Präfektur von Chiang-ling ist voll aufstrebender Kraft und Grösse, und die Bewohner stützen sich stolz auf ihre Waffen.
Hastig laufen die Polizeibeamten herum, wo könnte da mein schüchternes Auftreten (T. of T. I/321) Verwendung finden?
Mein ganzes Leben lang schätzte ich Menschlichkeit und Gerechtigkeit, und von jeher waren Konfuzius und Chou-kung meine Vorbilder.
Früh schon wusste ich, dass der Richter (der Strafen erteilt wie Kao-yao, B.D. No. 965) nicht eingereiht wird unter den drei höchsten Ministern (Legge III, 595) (d.h. nicht geschätzt wird).
Wie erst wenn ich selbst die Gefängnisse (Legge IV, 335) untersuchen und durch Stockschläge die Schuld von Uebeltätern feststellen muss!
Ich weiss im Vorhinein, dass ich mein Prestige verlieren würde, und fürchte dann selbst in ein Netz von Intriguen zu fallen (Liki I, 349). –
Der Hsiang-Fluss (bei Kiukiang) ist klar und reissend, eine kühle Brise weht hier täglich in gleicher Weise.
Warum sollte ich an die Heimreise denken (Wen-hsüan 27/2, 57/16)? So bleibe ich noch weiter unentschlossen in der Fremde verweilen (Wen-hsüan 32/20). –
Gestern kam ein Bote aus der Residenz mit der Nachricht, dass der neue Kaiser (Hsien-tsung) die Regierung übernommen habe.
Voll heiligen Zornes habe er ein klares Edikt erlassen, worin die Hauptschuldigen (Wang Pi und Wang Shu-wên) mit Verbannung gestraft werden, wie einst Kung-kung und Huan-tou (Legge III, 39).
Ferner hörte ich, dass Minister wie T'ai-Tien und Hung Yao (des Wen-wang, Legge III, 481) in ihrer neuen Würde weise Ratschläge vorbringen.
Der Beamtenkorps ist wieder voll Ernst und Strenge, und die Gürtelgehänge klingen wieder harmonisch zusammen.
Man hofft auf eine Fortsetzung der glänzenden Periode Chêng-kuan (627-650 n. Chr.), und die Gouverneure der Grenzprovinzen wissen nichts mehr vom Kampf mit äusseren Feinden.
Ihr drei Würdigen (Wang Yai, Li Chien und Li Ch'êng des Gedichttitels) seid in das Gefolge des Kaisers gewählt und übertreffet bei weitem Mei Shêng (B.D. No. 1022) und Tsou Yang (Pétillon pg. 27, 243).
Eure weisen Massnahmen helfen dem Kaiser bei seiner schöpferischen Tätigkeit, und euer herrlicher Stil lässt seine Absichten glänzend hervortreten.
Einträchtigen Geistes helft Ihr dem ernsten Weisen (Legge III, 584, IV, 334, V, 232/7), und eure Regierungsmethoden sind leicht durchzuführen (Legge IV, 544). –
Ein Vers der kleinen Oden (Legge IV, 246) besingt die Hirsche, die würzige Kräuter fressend freudig einander zurufen (d.h. Kollegen helfen einander).
Diese hinterlassene Ode liegt weit zurück und wird nicht befolgt; erinnert Ihr euch etwa noch des alten Schlafkameraden?
Infolge meiner Enttäuschung bin ich schon früh gealtert, und die Zeit vor mir dürfte kurz sein wie das Leben einer Eintagsfliege (Legge IV, 220).
Erst seitdem mir die Zähne auszufallen begannen (d.h. seitdem ich Misserfolg gehabt habe), habe ich gelernt, die Zunge milder zu bewegen.
Seitdem auch meine Nase durch Krankheit verstopft ist, bin ich allmählich imstande, Wohlgeruch und Gestank (Legge V, 139/17) für dasselbe zu halten (d.h. ich bin nicht mehr so kritisch wie früher).
Schon dachte ich gar sehr daran, mich aus dem amtlichen Leben zurückzuziehen und den Rest meiner Tage unter Fichten und Katalpen zuzubringen.
Wie könnte aber dieser phantastische Wunsch in Erfüllung gehen? Ich sehe nur wie die Jahre mich unablässig bedrängen.
Ch'êng T'ang von Yin hatte Mitleid mit den Tieren (seiner Jagdgründe), entfernte die Fangnetze auf drei Seiten und nahm sich die Spinne zum Vorbild (Pétillon pg. 312) (auch mein Herrscher wird mir gnädig sein).
Lei Huan (B.D. No. 1089) grub das herrliche Schwert aus und dessen zwischen den Sternbildern Tou und Niu sichtbarer Geist der Kränkung (über Nichtverwendung) verschwand (d.h. ich hoffe auf eure Protection).
Diese Methode (des Lei Huan, dem Tüchtigen zu helfen) verdient sicher Beachtung, und ich frage, wessen Hilfe kann ich erbitten, wie Chang Liang die Essstäbchen des Han Kao-tsu (Pétillon pg. 297)?
Ich würde Euch Freunden von ganzem Herzen dankbar sein, denn die glänzende Mondperle (d.h. eure Protection) (Wen-hsüan 39/12) würde nicht einem Unwürdigen geschenkt werden.