苦寒
Han Yu 韓愈 (768–824)
四時各平分,一氣不可兼。 隆寒奪春序,顓頊固不廉。 太昊弛維綱,畏避但守謙。 遂令黃泉下,萌牙夭句尖。 草木不復抽,百味失苦甜。 凶飆攪宇宙,鋩刃甚割砭。 日月雖云尊,不能活烏蟾。 羲和送日出,恇怯頻窺覘。 炎帝持祝融,呵噓不相炎。 而我當此時,恩光何由沾。 肌膚生鱗甲,衣被如刀鐮。 氣寒鼻莫嗅,血凍指不拈。 濁醪沸入喉,口角如銜箝。 將持匕箸食,觸指如排籤。 侵爐不覺暖,熾炭屢已添。 探湯無所益,何況纊與縑。 虎豹僵穴中,蛟螭死幽潛。 熒惑喪纏次,六龍冰脫髯。 芒碭大包內,生類恐盡殲。 啾啾窗間雀,不知已微纖。 舉頭仰天鳴,所願晷刻淹。 不如彈射死,卻得親炰燖。 鸞皇苟不存,爾固不在占。 其餘蠢動儔,俱死誰恩嫌。 伊我稱最靈,不能女覆苫。 悲哀激憤歎,五藏難安恬。 中宵倚牆立,淫淚何漸漸。 天王哀無辜,惠我下顧瞻。 褰旒去耳纊,調和進梅鹽。 賢能日登御,黜彼傲與憸。 生風吹死氣,豁達如褰簾。 懸乳零落墮,晨光入前簷。 雪霜頓銷釋,土脈膏且黏。 豈徒蘭蕙榮,施及艾與蒹。 日萼行鑠鑠,風條坐襜襜。 天乎苟其能,吾死意亦厭。
Jammer über die Kälte Erwin von Zach (1872–1942)
— in: Zach, Erwin von. Hightower, James Robert (ed.). Han-Yü's poetische Werke, Harvard-Yenching Institute studies. Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press, 1952. p. 105-107.
Die vier Jahreszeiten sind alle gleichmässig verteilt (Han Yü 2/13, 3/26), die Kraft einer Jahreszeit (Liki, ed. Couvreur II, 77) kann nicht gleichzeitig in einer anderen herrschen. Die strenge Kälte raubt dem Frühling seine Regelmässigkeit, der Wintergott zeigt keine Zurückhaltung (in seiner Gier). Der Frühlingsgott entspannt seine Netze (d.h. annulliert seine Masznahmen), er fürchtet aber zu fliehen und bleibt bescheiden zurück. So geschieht es, dass unten bei den tiefen Erdquellen die spitzen und gekrümmten Keime vorzeitig sterben. Die Vegetation kommt nicht mehr zum Vorschein (gedeiht nicht), und die hundert Speisen verlieren ihre Würze (Bitter und Süss). Ein unheilvoller Sturm durchbraust die ganze Welt, seine Kälte ist ärger als Schneiden und Stechen. Obwohl Sonne und Mond als so erhaben gelten, können sie die (in ihnen lebenden) Sonnenkrähe und Mondkröte nicht am Leben erhalten. Wenn Hsi-ho den Sonnenwagen hervorlenkt, sieht er sich ängstlich nach allen Seiten um. Der Sonnengott Yen-ti mit seinem Geist Chu-jung suchen durch Hauchen Wärme zu verbreiten, können sich aber selbst nicht erwärmen. – In dieser Zeit wie kann erst ich der Gnade des Frühlings teilhaftig werden? Meine Haut ist wie zu einem Schuppenpanzer erstarrt, und meine Kleider sind steif und kalt wie Messer und Sichel. Wegen der Kälte nimmt die Nase keinen Geruch mehr wahr; da das Blut zu Eis erstarrt ist, können die (steifen) Finger nichts mehr fassen. Schwerer Wein wird siedendheiss den Schlund hinabgegossen, die Mundwinkel schmerzen wie wenn man eine Kandare trüge. Ich möchte Löffel und Esstäbchen ergreifen um zu essen, aber die Finger in ihrer Steifheit stossen dagegen, wie wenn sie eine Reihe von Wahrsagestäbchen wären. Selbst ganz nahe dem Ofen fühle ich keine Wärme, und wiederholt habe ich schon neue Scheite auf das lodernde Feuer gelegt. Ein Versuch, die Hände in heisses Wasser zu tauchen (Legge I/314) ist von keinem Nutzen, wozu noch erwähnen dicke Seide oder wattierte Kleidung? Tiger und Panther erstarren in ihren Höhlen, gehörnte und hornlose Drachen sterben in ihrer Zurückgezogenheit. Der Sommerplanet Mars (Chavannes, Mém. hist. III, 364) entgleist in seiner Bahn, die sechs Drachen der Sonne (Legge, Iking pg. 213/12) verlieren durch das Eis ihre Barthaare. Im weiten Umkreis der Berge Mang und T'ang (Chavannes II, 332) werden die dort lebenden Tiere, wie ich fürchte, alle sterben. In den Fenstern zwitschern die Sperlinge und wissen nichts von ihrer Kleinheit. Sie heben ihr Köpfchen und schreien gegen Himmel: "Wenn wir schon bald sterben müssen, Möchten wir lieber von der Armbrustkugel getroffen werden, denn dann werden wir noch die Wärme der Zubereitung verspüren." Aber wenn selbst der Phönix nicht erhalten bleibt, so kommt Ihr Sperlinge ja gar nicht mehr in Betracht. Was die übrigen törichten Tiere betrifft, so werden sie alle sterben, wer sollte sich ihrer auch gnädig annehmen wollen? Ich, der Mensch, der zu den intelligentesten Wesen (Legge III, 283) gerechnet wird, kann Euch Vögeln trotzdem keinen Schutz angedeihen lassen. Ich klage und seufze, und mein Inneres kann sich nicht beruhigen. Mitten in der Nacht lehne ich gedankenvoll an der Wand und mächtig strömen meine Tränen. – O Gott! habe Erbarmen mit uns Schuldlosen, lasse Deine Blicke auf uns ruhen! Entferne die (den Ausblick störenden) Hängeschnüre Deiner Mütze, nehme die Watte aus Deinen Ohren und wähle zu Deiner Umgebung Männer wie Fu Yüeh (Legge III, 260). Fördere und verwende immer nur die Würdigen und Tüchtigen und entferne jene Hochmütigen und Schmeichler. Lasse einen lebenspendenden Sturm wehen, der die todbringenden Kräfte verjagt, befreie uns aus unserer Not wie durch das Aufziehen eines Vorhangs. Lasse die Eiszapfen alle zu Boden fallen und die Morgensonne unter das Dach der Veranda eindringen. Lasse Schnee und Eis plötzlich schmelzen und die Adern der Erde anschwellen und fruchtbringend werden. Denke nicht nur an die Schönheit der Orchideen, sondern sei auch gnädig gegenüber den gewöhnlichen Kräutern (Beifuss und Riedgras). Ich möchte wieder neben den von der Sonne beschienenen Knospen wandeln und mich an ihrem Glanze erfreuen, ich möchte wieder unter den vom Frühlingswinde bewegten Zweigen sitzen und meine Gewänder anfächeln lassen (Wen-hsüan 16/9, Ch'u tz'u 16/3). O Gott! wenn Du dies vermagst, will ich selbst wenn ich sterben sollte, damit zufrieden sein.