琴操十首 (其七): 履霜操
Han Yu 韓愈 (768–824)
尹吉甫子伯奇無罪,為後母譖而見逐,自傷作。
父兮兒寒,母兮兒飢。
兒罪當笞,逐兒何為。
兒在中野,以宿以處。
四無人聲,誰與兒語。
兒寒何衣,兒飢何食。
兒行於野,履霜以足。
母生眾兒,有母憐之。
獨無母憐,兒寧不悲。
Der Verstoßene Alfred Forke (1867–1944)
— in: Forke, Alfred. Dichtungen der Tang- und Sung-Zeit, Veröffentlichungen des Seminars für Sprache und Kultur Chinas an der Hamburgischen Universität. Hamburg: Friederichsen, de Gruyter & Co., 1929. p. 85f.
O Vater! sieh', es friert dein Sohn.
Den Sohn, o Mutter! Hunger quält.
Man schlage ihn, wenn er gefehlt,
Doch nicht Verstoßung sei sein Lohn!
In dieser Öde leb' ich hier,
Treib' mich tagein tagaus herum.
Kein Menschenlaut ertönt ringsum,
Und niemand kommt und spricht mit mir.
Wo find' ich, wenn es kalt, ein Kleid?
Wo Speise, wenn ich hungrig bin?
Ich schweife durch die Wildnis hin.
Die Füße sind vom Reif beschneit.
Für einen Sohn das Mutterherz
Von Lieb' und Mitleid stets erwarmt,
Wenn keine Mutter sich erbarmt,
Dann mag er klagen seinen Schmerz.
Zehn Lautenlieder. Das Lied vom Weg über Schnee und Eis Erwin von Zach (1872–1942)
— in: Zach, Erwin von. Hightower, James Robert (ed.). Han-Yü's poetische Werke, Harvard-Yenching Institute studies. Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press, 1952. p. 8f.
In seiner Betrübnis gedichtet von Po Ch'i, dem Sohne des Yin-chi-fu (B.D. No. 2485), der schuldlos von der Stiefmutter verleumdet und darauf vom Vater verstossen wurde (vgl. China Review II, 50). –
O Vater, Dein Sohn friert. O Mutter, Dein Sohn hungert.
Wenn Dein Sohn schuldig ist, musst Du ihn züchtigen. Warum aber ihn verstossen?
Dein Sohn lebt nun mitten in der Wildnis, dort hält er sich auf, dort verbringt er seine Nächte.
Ringsherum hört er keines Menschen Laut, mit wem könnte er sprechen (und sich gegen die Verleumdungen verteidigen)?
Und wenn er friert, wie kann er sich kleiden? Und wenn er hungert, wie kann er sich sättigen?
Er wandert dahin durch die Wildnis und sein Fuss tritt auf Schnee und Eis.
Die Mutter ist es, die die Kinder gebiert, und sie ist es welche sie liebt.
Wenn aber ein Kind, wie ich allein, keine liebende Mutter mehr hat, wie sollte ein solches Kind nicht betrübt sein? –