新婚別
Du Fu 杜甫 (712–770)
兔絲附蓬麻,引蔓故不長。 嫁女與征夫,不如棄路旁。 結髮為妻子,席不暖君床。 暮婚晨告別,無乃太匆忙。 君行雖不遠,守邊赴河陽。 妾身未分明,何以拜姑嫜。 父母養我時,日夜令我藏。 生女有所歸,雞狗亦得將。 君今往死地,沈痛迫中腸。 誓欲隨君去,形勢反蒼黃。 勿為新婚念,努力事戎行。 婦人在軍中,兵氣恐不揚。 自嗟貧家女,久致羅襦裳。 羅襦不復施,對君洗紅妝。 仰視百鳥飛,大小必雙翔。 人事多錯迕,與君永相望。
Die Neuvermählte klagt Hans Bethge (1876–1946)
— in: Bethge, Hans. Pfirsichblüten aus China. Berlin: Ernst Rowohlt Verlag, 1923. p. 48f.
Ihr kennt das Wesen mancher Pflanzen, sich An andern Pflanzen aufzuranken; erst Durch solchen Halt wächst ihre eigne Kraft. Eh man ein Mädchen aufzieht, um es einem Soldaten zu vermählen, – eher sollte Man es als Kind aussetzen im Gebirg! Für unsre Brautnacht hab ich mir das Haar Geschmückt: es lohnte kaum, denn unser Lager War kaum erwarmt, da war die Lust schon aus. Bei Sonnenuntergang ward ich dein Weib; Bei Sonnenaufgang, als der erste Schimmer Der Frühe kam, eiltest du fort von mir. Du bist zwar nicht in Feindes Land gezogen, Doch auch die Wache an des Landes Grenzen, Die dir verliehn ward, trennt dich weit von mir. Du schwebst an jedem Tage zwischen Leben Und Tod. Ein quälendes Gefühl der Bangnis Schnürt mir die Brust ab, daß ich fast vergeh. Ich hatte mir gelobt, dir nachzufolgen, Doch hätte meine Gegenwart dir nur Unruh gebracht und Störung deines Tuns. Denk nicht zu oft an deine junge Gattin, – Zwing dich, daß du allein von den Gedanken Erfüllt wirst, die dem Krieger nötig sind. Wenn deine junge Gattin bei dir wäre Inmitten deiner Truppen, – ich befürchte, Dein kriegerischer Sinn wär bald erstickt. Ich armes Weib! Wie lange Zeit hab ich Darauf verwendet, mir ein köstliches Gewand zu weben aus der feinsten Seide! Dies köstliche Gewand wird meine Schultern Niemals bedecken. Auch verzicht ich gerne Auf Schmuck und auf der Schminke bunten Glanz. Wenn ich die Augen hebe, seh ich Vögel Zu Paaren fliegen, große so wie kleine, Sie segeln selig, immer zwei und zwei. Die Menschen haben andre Sitten als Die Vögel in der Luft. Der Himmel weiß es, Wann wir uns wiedersehn, geliebter Mann!
Die Neuvermählte Hans Heilmann (1859–1930)
— in: Heilmann, Hans. Chinesische Lyrik vom 12. Jahrhundert v. Chr. bis zur Gegenwart, Die Fruchtschale. München, Leipzig: R. Piper & Co., 1905. Vol. 1, p. 62-65.
Es gibt Pflanzen, die müssen sich an andere Pflanzen klammern, Sie bedürfen der Stütze, um sich zu entwickeln. Doch eine Tochter groß ziehen, um sie dann einem Kriegsmann als Weib zu geben – Besser wär's, sie gleich nach der Geburt auf die Straße zu werfen! Ich habe meine Haare geschmückt mit Organgenblüten, Doch unser Hochzeitslager hatte kaum die Zeit zu erwarmen. Als die Sonne sank, ward ich deine Frau, als der Morgen dämmerte, mußten wir uns trennen! Du bist nicht weit in die Fremde gezogen, Doch die Wacht an der Grenze hält dich mir, ach, so fern. Wir sind geschieden, ohne auch nur alle Hochzeitsbräuche erfüllen zu können, Und ich muß mich schämen, deinen Eltern vor Augen zu treten! Als ich noch bei Vater und Mutter lebte, War ich allezeit bedacht, mich den Blicken der Welt zu entziehen; Jetzt da ich das Elternhaus verlassen habe, Sollte ich vor aller Augen die Pflichten meines neuen Standes erfüllen. Tag für Tag schwebst du zwischen Leben und Tod, Tiefe Angst bedrückt mir Herz und Nieren! Erst wollt ich dir folgen, mich an deine Schritte heften, Doch meine Begleitung hätte deine Unruhe, deine Sorgen nur noch erhöht. Denk nicht zu oft an deine junge Frau, Du darfst nicht andere Gedanken haben, als ein wackrer Soldat. Wenn deine Gattin bei dir wäre mitten im Heere, Dein Mut könnte, fücht' ich, wanken! Ich armes Mädchen, wie bin ich zu beklagen! So lange habe ich mich gemüht, ein feines Linnenkleid zu weben; nun wird es meine Schultern nicht bedecken; Ich verschmähe den Putz und die leuchtenden Farben der Schminke. Wenn ich die Augen erhebe, seh ich die Vögel durch die Luft ziehn, Groß und klein, doch immer fliegen sie zu zweien. Doch ach, die Sitten der Menschen gleichen nicht denen der Vögel in den Lüften – Wer weiß, o mein Gemahl, wann unsere Blicke sich wieder begegnen werden!
Die junge Soldatenfrau Klabund (1890–1928)
— in: Klabund. Dumpfe Trommel und berauschtes Gong. Nachdichtungen chinesischer Kriegslyrik von Klabund, Insel Bücherei. Leipzig: Insel Verlag, 1915. p. 18f.
— in: Klabund. Dichtungen aus dem Osten. Bd. II China: Chinesische Lyrik. Wien: Phaidon-Verlag, 1929. p. 70-72.
— in: Klabund. Dumpfe Trommel und berauschtes Gong, Insel Bücherei. Wiesbaden: Insel Verlag, 1952.
— in: Klabund. Dichtungen aus dem Osten. Bd. II: Chinesische Gedichte. Nachdichtungen. Wien: Phaidon-Verlag, 1954. p. 104f.
— in: Guenther, Johannes von. Unsterbliches Saitenspiel. Die schönsten Gedichte der Weltliteratur. Frankfurt a. M.: Verlag Das Goldene Vlies, 1956. p. 188f.
Vieler Blumen Wesen ist nur Schein, Brauchen Bäume, um sich rankend zu erheben. Seine Tochter einem Krieger geben – Besser wär’s ihr nie geboren sein. Von Orangenblüten regnete das Firmament … Unser Lager hatte Zeit nicht, zu erwarmen. Als die Sonne sank, lag ich in deinen Armen. Frührot sah uns schon getrennt. Nun marschierst du durch die fremde Landschaft, Und die gelbe Seide liegt zerknüllt. Unsre Hochzeitsbräuche sind noch nicht erfüllt, Und errötend tret ich unter die Verwandtschaft. Als ich mich noch meinen Eltern weihte, War ich Tag und Nacht der Welt verwehrt. Stand im Dunkel, stumm in mich gekehrt, Eine grau und goldne Trauerweide. Ach wie gerne folgt ich deinen Schritten! Weinen würdest du, wenn du mich sähst – Wenn du zwischen Tod und Leben stehst: Tausendfachen Tod hab ich erlitten. Sollst nicht in Erinnerung versinken, Sei als tapferer Soldat fürs Vaterland bereit! Einsam webe ich an einem Linnenkleid, Und ich will mir nicht mehr meine Brauen schminken. Meine Blicke lasse ich im Winde wehen. Vögel fliegen groß und klein: Immer, immer fliegen sie zu zwein. Werde ich dich wiedersehen?
Warum Elisabeth Oehler-Heimerdinger (1884–1955)
— in: Oehler-Heimerdinger, Elisabeth. Das Frauenherz. Chinesische Lieder aus drei Jahrtausenden. Leipzig: Union Deutsche Verlagsgesellschaft, 1925. p. 74-76.
Es suchet das Schlinggras Am Hanf seinen Halt, Doch kriecht es am Boden, Vergehet es bald. Wer gibt einem Kriegsmann Sein Kind in die Hand? Er würfe es besser An Wegesrand. Ich steckte das Haar auf, Ich ward eine Frau, Das Bett meines Herren Ward warm nicht noch lau. Die Hochzeit am Abend, Am Morgen das Gehn... In Hast und in Eile War alles geschehn. Und ist auch der Weg Zu dem Liebsten nicht lang, So muß er doch halten Die Wacht in Hojang. Jetzt stehet mein Herr Zwischen Leben und Tod, Das schafft meinem Herzen Die brennende Not. Ich schwur ihm zu folgen, Wohin es auch geh. Jetzt ist mir im Herzen So angst und so weh. "Des Tages der Hochzeit Gedenke mir nicht. Erfülle du männlich Im Heere die Pflicht! Die Frau wär den Waffen Zum Hindernis, Wenngleich schon ihr Gatte Sie kommen hieß." Ach, ach, dass ich stamme Aus niedrigem Haus! Die Kleider, die seidnen Längst zog ich sie aus. Die Kleider, die seidnen, Trag fürder ich nicht, Ich wusch mir die Schminke Schon lang vom Gesicht. Dort oben wohl fliegen Viel Vögel vorbei. Und große und kleine Zu zwei und zu zwei. Warum ist so wirr nur Der Menschen Geschick? Warum kommt denn ewig Mein Herr nicht zurück?