贈衛八處士
Du Fu 杜甫 (712–770)
人生不相見,動如參與商。
今夕復何夕,共此燈燭光。
少壯能幾時,鬢髮各已蒼。
訪舊半為鬼,驚呼熱中腸。
焉知二十載,重上君子堂。
昔別君未婚,兒女忽成行。
怡然敬父執,問我來何方。
問答乃未已,兒女羅酒漿。
夜雨翦春韭,新炊間黃粱。
主稱會面難,一舉累十觴。
十觴亦不醉,感子故意長。
明日隔山岳,世事兩茫茫。
An einen Jugendfreund Hans Bethge (1876–1946)
— in: Bethge, Hans. Pfirsichblüten aus China. Berlin: Ernst Rowohlt Verlag, 1923. p. 55f.
Die Menschen leben einsam, – gleich Gestirnen,
Die durch den ewigen Raum des Weltalls schweifen
Und nie sich treffen auf der weiten Bahn.
Drum laß uns diesen schönen Abend preisen,
Geliebter Freund, da uns die gleiche Lampe
In deinem lieben Hause nah vereint!
Wie rasch ist unsre Jugend hingeschunden!
Das graue, dünne Haar an unsern Schläfen
Zeigt schon das Nahen später Tage an.
Die meisten der Gefährten unsrer Jugend
Sind schon im Jenseits. Ich bin tief erschüttert,
Da ich dich wiederseh, – mein Herz klopft laut.
Wer hätte je geglaubt, daß ich einmal
Nach zwanzig Jahren allzu langer Trennung
In deinem fernen Haus erscheinen würde!
Als wir uns damals trennten, warest du
Noch unvermählt, – jetzt springen hübsche Mädchen
Und flinke Knaben blühend um dich her.
Sie grüßen ihres Vaters alten Freund
Mit Herzlichkeit und Anmut und erfragen,
Aus welchem Land der späte Wandrer kommt.
Und während Frag und Antwort hurtig wechseln,
Bringen sie Wein herbei, und trotz des Abends
Pflücken sie noch im Garten Frucht und Kraut.
Reis wird gekocht und schöne gelbe Hirse,
Und immer wieder lacht mein Freund, vor Freude,
So unerwartet mich als Gast zu sehn.
Wir trinken Glas um Glas, doch bleiben wir
Herr unsrer Sinne; wir sind tief bewegt,
Daß unsre Freundschaft so lebendig blieb.
O wehe! morgen werden wieder Berge
Mit wolkigen Gipfeln unsre Tage trennen,
Und wieder wird die Zukunft vor uns liegen
Gleich einem Meere grau und uferlos.
An einen Freund Alfred Forke (1867–1944)
— in: Forke, Alfred. Dichtungen der Tang- und Sung-Zeit, Veröffentlichungen des Seminars für Sprache und Kultur Chinas an der Hamburgischen Universität. Hamburg: Friederichsen, de Gruyter & Co., 1929. p. 60f.
Oft kommen Freunde im Leben
Nicht an denselben Ort,
Wie Orion und Venus streben
Sie von einander fort.
Heut' Nacht wir beide vereinet!
Sag' an, was ist geschehn?
Dieselbe Lampe bescheinet
Hell unser Wiedersehn.
Wie schnell vergehn die Jahre
Der goldenen Jugendzeit.
Schon hat uns Bart und Haare
Ein leichter Reif beschneit.
Viel Freunden und Bekannten
Schlug schon die Todesstund'.
Schreck mir und Schmerz entbrannten
In tiefstem Herzensgrund.
Wer dachte, daß nach zwanzig
Jahren einst noch einmal,
In vollem Lebensglanz ich
Einträte in deinen Saal?
Als einst wir schieden vor Jahren,
Sprachst du noch nicht vom Frei'n,
Jetzt plötzlich nennst du Scharen
Von Knaben und Mägdlein dein.
Den Freund des Vaters empfangen
Sie froh mit Höflichkeit,
Fragen, wie mir's ergangen,
Und ob die Reise weit.
Bevor noch auf alle Fragen
Die Antwort ward erteilt,
Sind Wein herbeizutragen
Die Knaben davongeeilt.
Bei nächtigem Regen spreiten
Die Kinder das Frühlingslauch;
Zu frischem Reis bereiten
Sie gelbe Hirse auch.
Der Freund klagt, daß wir beide,
So selten zusammen sei'n,
Und trinkt in seiner Freude
Mir zu zehn Becher Wein.
Zehn Becher ich nicht scheue
Und auch nicht trunken ward,
Gerührt tief durch die Treue,
Die du mir hast bewahrt.
Durch Bergeshöhen morgen
Sind wir bereits getrennt.
Die Zukunft bleibt verborgen;
Keiner sein Schicksal kennt.
Wie schnell vergehn die Jahre Alfred Forke (1867–1944)
— in: Oehlke, Waldemar. Seele Ostasiens. Chinesisch-japanischer Zitatenschatz. Berlin: F.A. Herbig Verlagsbuchhandlung, 1941. p. 109f.
Wie schnell vergehn die Jahre
Der goldenen Jugendzeit.
Schon hat uns Bart und Haare
Ein leichter Reif beschneit.
Viel Freunden und Bekannten
Schlug schon die Todesstund'.
Schreck mir und Schmerz entbrannten
In tiefstem Herzensgrund.
Durch Bergeshöhen morgen
Sind wir bereits getrennt.
Die Zukunft bleibt verborgen;
Keiner sein Schicksal kennt.
Heimkehr und Lebewohl Adolph Schulze , Jitong Chen (1851–1907)
— in: Rheden, Peter (ed.). Chinesisch-deutsche Gedichte. Eine Zusammenstellung aus verschiedenen Quellen. Zweiter Teil: Zweites ausführliches Literaturverzeichnis – Mit Zitaten zu den Kapiteln: Chinesische Poesie, Literatur, Kultur, Gymnasial-Programm-Abhandlung aus dem XXIX. Jahresbericht des f.b. Vinzentinums in Brixen, Südtirol. Brixen: Verlag des f. b. Vinzentinums, 1904. p. 50f.
Der Abend und der Morgenstern
Begegnen sich nicht;
So sagt man, ist es auch mit den Menschen.
Was ist denn dieser Abend,
Der uns beide vereinigt
Beim Schein der Lampe?
Wie lange hat die Zeit der Jugend gedauert?
Unser Haar ist schon gebleicht;
Die alten Freunde, nach denen wir fragen,
Sind, ach, schon lange tot.
Wer hätte vor zwanzig Jahren geglaubt,
Daß ich in dein Haus zurückkehren würde?
Als ich dich verließ, warst du nicht vermählt ...
Und jetzt ist die Zahl deiner Kinder groß.
Dort kommen sie mit fröhlichem Lächeln,
Sie nennen mich ihren Onkel
Und fragen, woher ich komme.
Während des Geplauders mit den Deinigen
Ist das Festmahl schon angerichtet.
Du selbst hast das Gemüse geschnitten
Während des nächtlichen Regens
Und den Reis der neuen Ernte für mich zubereitet.
Da wir uns nach so vielen Mühsalen wiederfanden,
Sagtest du, ich müßte zehn Tassen trinken ...
Doch nicht um mich zu berauschen,
Sondern um mich empfinden zu lassen
Die Glut deiner alten Freundschaft.
Ach, morgen schon werden wir wieder getrennt sein
Durch zahllose Berge
Und die Welt wird kein Ende für uns haben.
Gedicht an den Freund Hotsang Siau-Mun-Tsin , Theodor Schultz-Walbaum (1892–1977)
— in: Siau-Mun-Tsin, Hotsang. Lieder der Ferne und der Weisheit. Chinesische Lyrik aus dreihundert Gedichten der Tang-Dynastie. Bremen: Angelsachsen-Verlag, 1923. p. 8f.
Gleich zwei Sternen
in eigenen Kreisen
wandeln wir fern.
Nicht können die Augen dem Andern begegnen.
Heut aber, glückliche Nacht!
Einer Kerze Licht
leuchtet uns heute gemeinsam.
Allzuschnell
eilt die Jugend dahin.
Grau unser Haar,
Freunde starben dahin.
Vergebliches Mühn,
die volle Zahl zu errechnen.
Heut aber grüßt mich Dein Blick!
Vor Jahren,
als ich zuletzt Dich verließ,
warst Du noch fremd ohne Frau.
Heut schon strahlen die Kinder
des Vaters gleiche Gestalt.
Mit Freundes Gebärde
empfing mich der Sohn,
fragend nach Reise und Weg.
Kaum verklang meine Antwort,
brachten schon Most deine Kinder,
schnitten im Regen der Nacht
Kräuter zu Hirse und Reis. –
Wahrlich, ach, wann sehn wir uns wieder.
Gläser zehn laßt trinken uns tröstend.
Gläser zehn, sie machen nicht trunken,
danken gedenkend
gastlicher Freundschaft.
Trinke!
Morgen schon trennen uns Berge,
trennen uns Nebel und Tore
schwankender Zukunft.