大東
Anonymous (Shijing)
有饛簋飧,有捄棘匕。
周道如砥,其直如矢。
君子所履,小人所視。
睠言顧之,澘焉出涕。
小東大東,杼柚其空。
糾糾葛屨,可以履霜。
佻佻公子,行彼周行。
既往既來,使我心疚。
有洌氿泉,無浸穫薪。
契契寤歎,哀我憚人。
薪是穫薪,尚可載也。
哀我憚人,亦可息也。
東人之子,職勞不來。
西人之子,粲粲衣服。
舟人之子,熊羆是裘。
私人之子,百僚是試。
或以其酒,不以其漿。
鞙鞙佩璲,不以其長。
維天有漢,監亦有光。
跂彼織女,終日七襄。
雖則七襄,不成報章。
睆彼牽牛,不以服箱。
東有啟明,西有長庚。
有捄天畢,載施之行。
維南有箕,不可以簸揚。
維北有斗,不可以挹酒漿。
維南有箕,載翕其舌。
維北有斗,西柄之揭。
Ungleiches Loos Johann Cramer
— in: Cramer, Johann (ed.). Schi-King, oder Chinesische Lieder, gesammelt von Confucius. Neu und frei nach A. La Charme's lateinischer Übersetzung bearbeitet. Fürs deutsche Volk hg. von Johann Cramer, Das himmlische Reich. Oder China's Leben, Denken, Dichten und Geschichte, 4 vols. Crefeld: Verlag der J. H. Funcke'schen Buchhandlung, 1844. p. 161f.
Die Königsstraße ist so fein geglättet,
Wie nach gezog'ner Schnur so grad';
Die Fürsten ziehn zu Rosse diesen Pfad,
Es gafft das Volk hin, wie verwettet:
Doch ich, wohin ich nur die Blicke kehre,
Seh', daß des Landes Unheil stets sich mehre.
Die Weberstühl' im Ost des Reiches stehen
Nun still und alle Spulen gehen leer;
Woher käm' uns Gewerbfleiß auch? woher?
Bald wird die letzte Hoffnung noch verwehen.
Die Reichen gehn beim Frost in Schuh'n von Linnen,
Was sollen denn die Armen wohl beginnen?
Gemähte Früchte pflegt man einzubringen,
Und läßt sie nicht verderben auf dem Feld;
Der Seufzer, der die Brust der Schnitter schwellt,
Läßt ihnen Rast und Nachtsruh' nicht gelingen:
Die Halme selber in den Scheuren rasten,
Will uns denn Niemand unsres Leids entlasten?
Im Osten sind die Menschen so beladen,
Daß sie der Bürde schon erliegen fast.
Im Westen trägt man Seide und Damast,
Das Kleid verbrämt mit Pelz bis an die Waden.
Die wohl geschickt zu Ruderknechten wären,
Erhebt im Reich man zu den höchsten Ehren.
Nicht als Arznei den theuren Wein sie trinken,
Und wenn ihr Schmuck ist Perl' und Edelstein,
So glauben sie Verschwender nicht zu sein,
Es will sie nur wie Sand und Kies bedünken;
Wir sehn nur über unsern Häuptern glänzen
Die Milchstraß' mit den rausen Sternenkränzen.
Die Jungfrau glänzt im köstlichen Gewande,
Doch nimmer ist für mich ihr schönes Kleid;
Und auch der prächt'ge Stier ist nicht bereit,
Daß ich vor meinen Wagen ihn mir spannte;
Die gold'ne Wanne, die sich neigt nach Süden,
Wird keinen Arm für unsereins ermüden.
Im Nord der Löffel, der den Stiel nach Westen
Gekehrt, zum Schöpfen mir nicht dienen wird;
Er macht das Auge nur dadurch verwirrt,
Um bei dem leeren Topfe uns zu trösten.
Das ist nur da, den Himmel auszuschmücken,
Nicht, um geringe Menschen zu beglücken.
Vertheilung der Glücksgüter Friedrich Rückert (1788–1866)
— in: Rückert, Friedrich. Schi-king. Chinesisches Liederbuch. Altona: J. F. Hammerich, 1833. p. 229f.
— in: Scherr, Johannes (ed.). Bildersaal der Weltliteratur. Aus dem Literaturschatz der Morgenländer (Inder, Chinesen, Hebräer, Araber, Perser, Türken), - der Alten (Hellen und Römer), - der Romanen (Provençalen, Italiener, Spanier, Portugiesen, Franzosen), - der Germanen (Engländer, Deutschen, Niederländer, Isländer, Schweden, Dänen), - der Slaven (Böhmen, Serben, Polen, Russen), - der Magyaren (Ungarn) und der Neugriechen. Stuttgart: Ad. Becker's Verlag, 1848. p. 34.
— in: Jolowicz, Heinrich. Der poetische Orient. Leipzig: Verlag von Otto Wigand, 1853. p. 22f.
— in: Jolowicz, Heinrich. Blüthenkranz morgenländischer Dichtung. Breislau: Verlag von Eduard Trewendt, 1860.
Die Königsstraß' ist wie ein Wetzstein glatt,
Und schwingt sich gradhin wie ein Pfeil im Fluge;
Die Fürsten ziehn auf ihr mit Rossen nimmer matt,
Das Volk zieht zu dem langen Zuge:
Doch ich, wohin ich meine Augen wende,
Erblicken sie des Landes Noth ohn' Ende.
Im Ostgebiet des Reiches stehen leer
Webstühle, die Aufzug und Einschlag missen,
Und alle Spulen gehen leer,
Die letzten Hoffnungsfäden sind zerrissen.
In Leinwandschuhen gehn auf Reif und Frösten
Die Reichen selbst, wer soll die Armen trösten?
Gemähte Halme pflegt man einzuthun,
Man läßt sie draußen nicht im Feld verwittern;
Doch von der Arbeit auszuruhn
Verwehrt der Seufzer in der Nacht den Schnittern:
Die Gräser selber ruhen in den Scheuern,
Will Niemand denn auch unsrer Mühsal steuern?
Im Ostgebiete liegt die Last
Auf Menschen schwerer als sie können tragen.
Im Westen trägt man Seide, Taft, Damast,
Und ihre Kleider sind mit Pelzwerk ausgeschlagen;
Zum Ruderdienst geborene Gesellen
Bekleiden dort des Reiches Ehrenstellen.
Sie trinken nicht den Wein als Arzeney,
Und wenn von Edelstein und Perlen leuchtet
Ihr Leib, so meinen sie daß es kein Aufwand sey,
Wie Sand und Kies uns ein geringes deuchtet.
Uns schimmert nur im glänzenden Gewimmel
Die Milchstraß' über unserm Haupt am Himmel.
Die Jungfrau strahlt in heller Zier,
Gibt doch ihr Prachtgewand mir nicht zu tragen;
Und auch der glänzend reine Stier,
Nicht spannen läßt er sich an meinen Wagen;
Und die nach Süden neigt, die goldne Wanne,
Schwingt keine Körner dem gemeinen Manne.
Der Löffel nördlich, der den blanken Stiel
Nach Westen kehret, dient mir nicht zum Schöpfen;
Er ist ein glänzend Augenspiel,
Das uns will trösten bei den leeren Töpfen.
Die alle sind allein des Himmels Zierde,
Kein Gegenstand für menschliche Begierde.
— in: Scherr, Johannes (ed.). Bildersaal der Weltliteratur. Aus dem Literaturschatz der Morgenländer (Inder, Chinesen, Hebräer, Araber, Perser, Türken), - der Alten (Hellen und Römer), - der Romanen (Provençalen, Italiener, Spanier, Portugiesen, Franzosen), - der Germanen (Engländer, Deutschen, Niederländer, Isländer, Schweden, Dänen), - der Slaven (Böhmen, Serben, Polen, Russen), - der Magyaren (Ungarn) und der Neugriechen. Stuttgart: Ad. Becker's Verlag, 1848. p. 34.
— in: Jolowicz, Heinrich. Der poetische Orient. Leipzig: Verlag von Otto Wigand, 1853. p. 22f.
— in: Jolowicz, Heinrich. Blüthenkranz morgenländischer Dichtung. Breislau: Verlag von Eduard Trewendt, 1860.
Die vernachlässigten Ostlande Victor von Strauß (1809–1899)
— in: Strauß, Victor von. Schi-king. Das kanonische Liederbuch der Chinesen. Heidelberg: Carl Winter's Universitätsbuchhandlung, 1880. p. 336-338.
Einst gab es Mahl' aus vollen Schüsseln,
Die Dornholzlöffel bogen sich;
Der Weg nach Tscheu dem Wetzstein glich,
Er lief in pfeilgeradem Strich;
Ihn schritten Herrn gar würdiglich,
Der kleine Mann besah sie sich.
Nun blick' ich rückwärts, denke deß,
Und wein' und bad' in Thränen mich.
In jedem Ostland, klein wie groß,
Steh'n Spul' und Webstuhl nackt und bloß.
Dünn sind die Schuh', aus Ko gewebt,
Darin man kann beim Froste geh'n;
Kann arbeitsscheue Fürstensöhne
Des Wegs nach Tscheu hin wandern seh'n.
Und schon ihr Gehen, schon ihr Kommen
Macht mir das Herz von Weh' beklommen.
Der kalten Quellen Überlauf
Näss' uns nur nicht die Brennholzbeute!
Vor Kummer wach' ich seufzend auf;
O wehe, wir geschlagnen Leute!
Gehauen stand die Brennholzbeute,
Einfahren könnte man sie nun, –
O wehe, wir geschlagnen Leute,
Daß wir doch einmal könnten ruh'n!
Der Ostgebiete Leute Söhne,
Ihr harter Dienst bleibt unerkannt.
Der Westgebiete Leute Söhne
Geh'n angethan mit Prachtgewand.
Der bloßen Schifferleute Söhne
In reichen Bärenpelzen geh'n,
Und der geringsten Leute Söhne
In allen hundert Ämtern steh'n.
Wenn Einer nimmt von seinem Wein,
Hält er ihn nicht für starken Trank.
Und sein besetztes Gurtgestein,
Es dünket ihn nicht eben lang,
Wol steht die Milchstraß' an dem Himmel
Und blickt herab und schimmert blank;
Des Dreigestirnes Weberinnen
Zieh'n täglich sieben Grad' entlang –
Doch ob auch sieben Grad' entlang,
Sie schaffen nichts für schönen Dank.
Der Zugstier, der da oben blinket,
Zieht nicht an unserm Wagenstrang.
Ob Morgenstern aus Osten drang;
Ob Abendstern dem West entsprang;
Ob lang das Hafennetz sich krümmet –
Sie alle geh'n nur ihren Gang.
Wol stehet da das Sieb im Süden,
Mit dem zu sichten doch noch nie gelang.
Wol steht die Schöpfekell' im Norden,
Doch schöpfet man mit ihr nicht Wein noch starken Trank.
Wol stehet da das Sieb im Süden,
Das uns doch nur die Zunge bleckt,
Die Schöpfekelle steht im Norden,
Die ihren Griff nach Westen streckt.