烏棲曲
Li Bai 李白 (701–762)
姑蘇臺上烏棲時,吳王宮裏醉西施。 吳歌楚舞歡未畢,青山欲銜半邊日。 銀箭金壺漏水多,起看秋月墜江波。 東方漸高奈樂何。
Die schöne Tänzerin Hans Bethge (1876–1946)
— in: Bethge, Hans. Pfirsichblüten aus China. Berlin: Ernst Rowohlt Verlag, 1923. p. 33.
Zur Stunde, wann die Raben auf den Türmen Sich niederlassen, tanzt im königlichen Palast die schöne Si-Schy, feenhaft. Sie tanzt die lockendsten und kühnsten Tänze, Sie singt die anmutvollsten Liebeslieder, Sie hat das Herz des Herrschers ganz umstrickt. Hinter den grünen Hügeln ist die Sonne Zu Tal gesunken, – aber Si-Schys Tänze Gehn weiter, ihre Lust ermüdet nie. Sie tanzt die Nacht hindurch. Die Nacht entschwindet, Der Mond des Herbstes neigt sich in das Wasser Des Großen Teiches, Si-Schy lacht und tanzt. Im Osten wird der Himmel hell; schon dämmert Die Morgenröte; im Palast des Herrschers Ist Trunkenheit und Lachen, – Si-Schy tanzt ...
Rabenzeit Albert Ehrenstein (1886–1950)
— in: Wolfenstein, Alfred. Stimmen der Völker: Die schönsten Gedichte aller Zeiten und Länder. Amsterdam: Querido Verlag, 1938. p. 31.
— in: Ehrenstein, Albert. Chinesische Dichtungen. Lyrik, Werke. München: Klaus Boer Verlag, 1995. p. 307f.
Schon schwingt der Rabe sich zur Ruh Nieder auf den Turm Gu Ssu. Unten um den König von Wu. Tanzt rauschwild Hsi Schi. Aus ihr sprüht aller Lieder Übermut, Aus ihr blüht aller Glieder Überglut. Schon ging die Sonne hin Hinter der fernsten Hügel Grün, Aber nie Endet dein Lachen, Hsi Schi. Eher ermüdet Der silberne Pfeil der goldenen Wasseruhr, Und die Nacht stirbt. Seht den Wandermond, Wie er sich nach und nach Fallen läßt in den Teich. Seht, wie im Osten Leichenweiß Der Himmel brennt Und feuerrot. Im Reich Wu Tanzt die Tollust immerzu. Schwer krächzend kreist der Rabe Ohneruh Um den Turm Gu Ssu.
Der König von Wu Alfred Forke (1867–1944)
— in: Forke, Alfred. Blüthen chinesischer Dichtung. Magdeburg: Commissionsverlag: Faber'sche Buchdruckerei, A. & R. Faber, 1899.
— in: Forke, Alfred. Dichtungen der Tang- und Sung-Zeit, Veröffentlichungen des Seminars für Sprache und Kultur Chinas an der Hamburgischen Universität. Hamburg: Friederichsen, de Gruyter & Co., 1929. p. 54.
Auf dem Kusu Palast geht ein Rabe zur Ruh', In dem Schloß mit Hai-schi schwelgt der König von Wu. Schaut den Tanzenden zu und den Sängern er lauscht; Die Königin ist schon vom Weine berauscht. Halb verschlingt bald der bläuliche Berg die Sonn', Der König noch schwelget in Freude und Wonn'. Aus goldener Uhr mit silbernem Pfeil Das Wasser rinnet und rinnet die Weil. Wohlan! seht den herbstlichen Mond, den hell'n, Auch er versinkt in des Stromes Well'n. Im Osten schon kehret die Sonne zurück. Und was bleibt dem König von alle dem Glück?
Dem König von Wu droht der Untergang Klabund (1890–1928)
— in: Klabund. Das Blumenschiff. Berlin: Erich Reiss Verlag, 1921. p. 67.
— in: Klabund. Dichtungen aus dem Osten. Bd. II China: Chinesische Lyrik. Wien: Phaidon-Verlag, 1929. p. 28.
— in: Klabund. Dichtungen aus dem Osten. Bd. II: Chinesische Gedichte. Nachdichtungen. Wien: Phaidon-Verlag, 1954. p. 38.
Ein Rabe schreitet dunkel auf dem First Des Schlosses von Ku-su. Im Saale drinnen Knien vor dem Könige die Tänzerinnen. "Si-schy" er lächelt, "wie du mich verwirrst!" Die Sonne sinkt. Die Wasseruhr jagt jach. Der Mond steigt auf, im Strome zu versinken. Die Sonne kehrt zurück. Die Gräser blinken. Der Rabe steht noch immer auf dem Dach.
Die Verliebten Richard Zoozmann (1863–1934)
Am Kaiserpalast legt leis der Wind die duftenden Lotos-blüten, Auf höchster Terrasse der König ruht, den Wachen bewaffnet umhüten. Es tanzt vor seinem Angesicht Si-Schi, die schönste der Frauen: Wie Silber ihr Knie, wie die Sonne ihr Aug, die Brüste wie Schnee zu schauen. Sie lächelt wollüstig; beim Tanze heiß den König Fu-Tschai betrachtend, Sie sinkt vor ihm nieder, er fängt sie auf, drückt ans klopfende Herz sie verschmachtend.