Ernst Meier
male (1813–1866)
Translations
17-
Bei feng 北風: Landräumung (Anonymous (Shijing))
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Starker Regen fällt und Schnee, Kalte Wind' aus Norden wehn: Reicht, ihr Freunde, euch die Rechte, Und dann laßt uns weiter gehn! Hier wird nicht gewährt, zu weilen; Laßt uns eilen, laßt uns eilen! Regen fällt gemischt mit Schnee, Mächtig rauscht der kalte Nord: Meine Lieben, meine Theuren, Hand in Hand, so gehet fort! Hier ist nicht erlaubt, zu weilen, Laßt und eilen, laßt uns eilen! Nichts als Füchse sehn wir hier, Nichts als schwarze Raben dort: Meine Lieben, meine Freunde, Gebt die Hand euch, und dann fort! Denn wir dürfen hier nicht weilen, Laßt uns eilen, laßt und eilen!–
in: Meier, Ernst. Morgenländische Anthologie. Klassische Dichtungen aus der sinesischen, indischen, persischen und hebräischen Literatur. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1875. p. 42f. -
Biao you mei 摽有梅: Die Dringliche an ihre Freier (Anonymous (Shijing))
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Die Pflaumen sind abgefallen vom Baum. Und nur noch sieben sitzen daran: Und wenn ein Mann Mich will und mag, So wähl' er dazu nur den schicklichen Tag! Die Pflaumen sind abgefallen vom Baum Und nur noch drei die sitzen daran: Und wenn ein Mann Mich will und mag, So wähl' er dazu nur den schicklichen Tag! Die Pflaumen sind abgeschlagen vom Baum, Die Körbe füllte man damit an: Und wenn ein Mann Mich will und mag, So sag' er, so sag' er mir doch nur den Tag.–
in: Meier, Ernst. Morgenländische Anthologie. Klassische Dichtungen aus der sinesischen, indischen, persischen und hebräischen Literatur. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1875. p. 21. -
Bo xi 伯兮: Trauer um Pe-hi (Anonymous (Shijing))
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Mein Pe-Hi ist kühn und stark, In der Schlacht kein zaghaft träger; Mit dem Speer geht er voran Als des Königs Waffenträger. Seit Pe-Hi gen Osten zog, Flattern wirr und wild die Locken, Wie von Blumen durch den Wind Fortgewehte Samenflocken. Ob's an Salben mir gebricht, Um mein Haar und Haupt zu schmücken? Ach, wozu doch solcher Schmuck! Wen doch sollte er beglücken! Mag es regnen! Endlich strahlt Doch die Sonne aus der Höhe. Sein gedenkend schmerzt mein Haupt, Aber süß ist solches Wehe. Pflanze, die Vergessen bringt, Wächst nich weit von hier im Zimmer; Doch ich denke seiner gern, Wird mein Weh auch immer schlimmer.–
in: Meier, Ernst. Morgenländische Anthologie. Klassische Dichtungen aus der sinesischen, indischen, persischen und hebräischen Literatur. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1875. p. 17f. -
Cai ge 采葛: Zeitmaß (Anonymous (Shijing))
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Epheuranken samml' ich hier; Aber wenn ich sehnsuchtsbang Einen Tag mein Lieb nicht seh', Wird der Tag drei Monden lang. Duft'ge Kränze samml' ich hier; Aber wenn ich sehnsuchtsbang Einen Tag mein Lieb nicht seh', Wird der Tag drei Herbste lang. Wermuthkräuter samml' ich hier; Doch wenn mir der Zeiten Drang Einen Tag mein Lieb entzieht, Wird der Tag drei Jahre lang.–
in: Meier, Ernst. Morgenländische Anthologie. Klassische Dichtungen aus der sinesischen, indischen, persischen und hebräischen Literatur. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1875. p. 40. -
Cai pin 采蘋: Pflanzenopfer (Anonymous (Shijing))
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Im Süden, in den Thälern, Da ist's, wo Bing man liest, Und Tsao-Kraut an den Gräben, In denen Wasser fließt. Man legt das Kraut in Körbe, Man legt's in Kasten fest, Bis man zuletzt in Töpfen Am Feuer es kochen läßt. Und festlich aufgestellet Wird das gekochte Kraut – Im Ahnensaal, der südwärts Und der nach Westen schaut. Wer steht dem Todtenopfer Der Ahnen vor? O schau: Es ist die ehrenwerthe, Nicht hochbetagte Frau.–
in: Meier, Ernst. Morgenländische Anthologie. Klassische Dichtungen aus der sinesischen, indischen, persischen und hebräischen Literatur. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1875. p. 33. -
Cao chong 草蟲: Die Erwartende (Anonymous (Shijing))
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Ihr Geschrille schnurrt die Grille Und die Heuschreck' schreitet hüpfend. Da der Gatte noch nicht heimkommt, Kümmert sich mein Herz und hüpfet Gleichsam fort von seinem Sitze. Doch bei meines Gatten Anblick, Sagt man, werd' mein Herz beruhigt Wieder an sein Plätzchen kommen. Auf den Ostberg steigen Leute, Um die Pflanze Kur zu sammeln. Da der Gatte nicht zugegen, Wird bekümmert mein Gemüthe Und mein Antlitz trüb umzogen. Doch sobald er wiederkehret, Sagt man, daß ich schon im Innern Wieder mich erfreuen werde. Auf den Ostberg steigen Leute, Um die Pflanze Wei zu sammeln. Da der Gatte nicht zugegen Hab' ich Qualen im Gemüthe, Und ich schwinde hin vor Schmerzen. Doch bei meines Gatten Rückkehr, Sagt man, daß ich schon im Herzen Wieder ruhig werden würde.–
in: Meier, Ernst. Morgenländische Anthologie. Klassische Dichtungen aus der sinesischen, indischen, persischen und hebräischen Literatur. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1875. p. 34. -
Chu qi dong men 出其東門: Ehrbare Liebe (Anonymous (Shijing))
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Vor dem Ostthor standen Mädchen, Schier wie Wölkchen, lichte, feine; Mochten sie den Wolken gleichen, Zu besitzen wünscht' ich keine; Die mit blauem Häubchen, weißem Kleide, Die nur ist mein Wunsch und meine Freude. Vor dem Stadtthor standen Mädchen, Aehnlich einem Rosenhaine; Mochten sie den Rosen gleichen, Zu besitzen wünscht' ich keine; Die nur mit dem blau und weißen Kleide Ist mein Wunsch und meines Lebens Freude.–
in: Meier, Ernst. Morgenländische Anthologie. Klassische Dichtungen aus der sinesischen, indischen, persischen und hebräischen Literatur. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1875. p. 12. -
Chun zhi ben ben 鶉之奔奔: Der schlechte Herr (Anonymous (Shijing))
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Wachteln und Elstern, die leben beisammen, Das weib- und männliche Geschlecht; Doch ich hab' einen ältern Bruder, Und der ist schlecht. Wachteln und Elstern, das Männchen und Weibchen, Die sind beisammen immer gern; Doch einen schlechten, schlechten Menschen Hab' ich zum Herrn.–
in: Meier, Ernst. Morgenländische Anthologie. Klassische Dichtungen aus der sinesischen, indischen, persischen und hebräischen Literatur. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1875. p. 43. -
Da che 大車: Verkannte Liebe (Anonymous (Shijing))
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Rauscht der große Wagen rasselnd, Jener Mann darin trägt Kleider, Frischen Binsen gleich an Farbe. O wie sollt' ich sein nicht denken! Doch ich scheue diesen Edlen, Wage nicht, ihn anzusehen. Langsam fährt der große Wagen, Jener Mann darin trägt Kleider, Dem Rubine gleich an Farbe. O wie sollt' ich sein nicht denken! Doch ich scheue diesen Edlen, Und ich darf ihn nicht besuchen. Darf ich denn mit dir nicht leben, Möcht' ich doch, wenn ich gestorben, Einst bei dir im Grabe liegen! Wenn du je mich treulos nennest, Soll die Sonne und ihr Glanzstrahl Meine Treue dir bezeugen.–
in: Meier, Ernst. Morgenländische Anthologie. Klassische Dichtungen aus der sinesischen, indischen, persischen und hebräischen Literatur. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1875. p. 26f. -
Di dong 蝃蝀: Schönheit von freien Sitten (Anonymous (Shijing))
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Oestlich steht ein Regenbogen, Keiner wagt auf ihn zu deuten. Warum sondert sich dieß Mädchen So von Eltern und von Brüdern? Ei, sie geht vielleicht aufs Freien! Steht der Regenbogen westlich, Wird's am Himmel hell und heiter. Warum hält so fern dieß Mädchen? Ei, sie geht vielleicht aufs Freien!–
in: Meier, Ernst. Morgenländische Anthologie. Klassische Dichtungen aus der sinesischen, indischen, persischen und hebräischen Literatur. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1875. p. 36.
Excerpt of the first two stanzas. -
Dong fang zhi ri 東方之日: Das Licht im Hause (Anonymous (Shijing))
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Eine junge Morgensonne, Nämlich ein holdselig Mädchen, Weilt in meines Hauses Mitte, Folgt mir nach bei jedem Schritte. Ein aufgehend holdes Mondlicht, Nämlich ein holdselig Mädchen, Weilt an meines Hauses Pforte, Folgt mir gern nach jedem Orte.–
in: Meier, Ernst. Morgenländische Anthologie. Klassische Dichtungen aus der sinesischen, indischen, persischen und hebräischen Literatur. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1875. p. 17. -
Fen ju ru 汾沮洳: Der Emporkömmling (Anonymous (Shijing))
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Am Ufer, das der Fen benetzt, Da sucht man Gras und Kräuter jetzt. Der Mann ist schön, doch nicht gescheit, Ist schön, doch sein Verstand zu klein, Des Königs Fuhrmann nur zu sein. Am Ufer, das der Fen benetzt, Da pflückt man Maulbeerblätter jetzt. Wie eine Blume glänzt der Mann; Ist er auch schön wie eine Blum', Zum Fuhrmann ist er doch zu dumm. Am Ufer, das der Fen benetzt, Da sucht man Gras und Kräuter jetzt. Der Mann ist schön wie ein Brillant: Hat er auch ein brillant Gesicht, Zum Prinzenlehrer taugt er nicht.–
in: Meier, Ernst. Morgenländische Anthologie. Klassische Dichtungen aus der sinesischen, indischen, persischen und hebräischen Literatur. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1875. p. 38. -
Feng yu 風雨: Bei Regenwetter (Anonymous (Shijing))
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Leise weht der Wind, und leise Fallen Regentropfen nieder, Und der Hahn singt sein: Kie-kie! Da ich kann den Gatten sehen, Soll ich nicht die Sorge lassen? Regen fällt bei Windeswehen, Wind und Regen seufzen säuselnd, Und der Hahn singt sein Kie-kie! Da mich labt des Gatten Anblick, Sollte mir es da nicht wohl sein? Regen fällt bei Windeswehen, Dicht verdunkelt ist der Himmel Und der Hahn kräht unaufhörlich. Da mich labt des Gatten Anblick, Sollte ich mich da nicht freuen?–
in: Meier, Ernst. Morgenländische Anthologie. Klassische Dichtungen aus der sinesischen, indischen, persischen und hebräischen Literatur. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1875. p. 44. -
Fou yi 芣苢: Lied der Pflanzenleserinnen (Anonymous (Shijing))
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Wir sammeln das Kraut Fiu-i, Wohlan denn, sammeln wir's ein! Wir sammeln das Kraut Fiu-i, Wohlan denn, gesucht muß es sein! Wir sammeln das Kraut Fiu-i, Wohlan denn, zur Erd' sich gebückt! Wir sammeln das Kraut Fiu-i, Wohlan denn, die Körnlein gepflückt! Wir sammeln das Kraut Fiu-i, Im Unterkleid berget es fein! Wir sammeln das Kraut Fiu-i, Am Gürtel, da schließet es ein!–
in: Meier, Ernst. Morgenländische Anthologie. Klassische Dichtungen aus der sinesischen, indischen, persischen und hebräischen Literatur. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1875. p. 18f. -
Gan tang 甘棠: Die heilige Linde (Anonymous (Shijing))
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Wie so dicht belaubt ist diese Linde! Schneidet ja nicht ihre Zweige, Schüttelt ja nicht ihre Blätter! Unter ihr verweilte Schao so gerne. Wie so dicht belaubt ist diese Linde! Schüttelt ja nicht ihre Blätter, Schneidet ja nicht ihre Zweige! Unter ihr hat einst Fürst Schao geruhet. Wie so dicht belaubt ist diese Linde! Schüttelt ja nicht ihre Blätter, Schneidet ja nicht ihre Zweige! Unter ihr hat Schao einst Recht gesprochen.–
in: Meier, Ernst. Morgenländische Anthologie. Klassische Dichtungen aus der sinesischen, indischen, persischen und hebräischen Literatur. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1875. p. 23. -
Guan ju 關雎: Hochzeitslied "Zwei verbundne Wasser-Enten" (Anonymous (Shijing))
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Zwei verbundne Wasser-Enten, Weib- und Männlein, ziehen Kreise Schwimmend auf des Stromes Flut, Gingen wechselnd ihre Weise. Die Jungfrau, hehr und wonniglich, Mit hoher Tugend reich geschmückt - Wie freut der weise Vater sich, Der sie mit einem Mann beglückt. Kurz und lang auch sind die Stiele, Die die Wasserpflanze führt, Neigen bald sich rechts-, bald linkshin, Wie das Wasser sie berührt. Es wünschte unsre Jungfrau schon Im Traum und wachend mancher Mann; Doch Einer nur trägt sie davon, Der Eine, den sie lieb gewann.–
in: Meier, Ernst. Morgenländische Anthologie. Klassische Dichtungen aus der sinesischen, indischen, persischen und hebräischen Literatur. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1875. p. 11.
Adaption of stanza 1 and 2. -
Han guang 漢廣: Die unzugänglichen Schönheiten (Anonymous (Shijing))
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Im Süden stehen Bäume, die nur Im Gipfel Zweige haben; Man kann in ihren Zweigen nicht Sich setzen und sich laben. Am Ufer, das den Han bespült, Spazieren schöne Frauen: Es wär' umsonst, es wär' umsonst, Sehnsüchtig hinzuschauen. Der Han, der ist ein breiter Fluß, Man kann ihn nicht durchschreiten; Das Ufer ist zu fern, kein Kahn Kann dich dahin geleiten.–
in: Meier, Ernst. Morgenländische Anthologie. Klassische Dichtungen aus der sinesischen, indischen, persischen und hebräischen Literatur. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1875. p. 20.
Translation is based on the first stanza of the original poem.